Quadratisch, praktisch. Gut!

Autor: Text: Helmut Winkelbauer Photos: Ulli Buchta


An der Wende von den 70er- zu den 80er-Jahren gab es den verstärkten Trend zum praktischen, sparsamen Automobil. Nissan hatte da verschiedene Angebote, beginnend beim Kleinwagen Micra bis zur Limousine Laurel mit ökonomischem 6-Zylinderdieselmotor. Das revolutionärste und durchdachteste Konzept war aber der Prairie, der im folgenden präsentiert wird.

Es war den Ölkrisen von 1973 und 1979/80 geschuldet, dass die Autokäufer immer mehr auf kompakte und effiziente Autos setzen.

Nissan bediente Anfang der 80er-Jahre die Kundenwünsche in der Kompaktklasse mit den Modellreihen Sunny und Cherry und in der unteren Mittelklasse hatte man den Stanza im Portfolio.

Alle drei Modellreihen waren am Puls der Zeit. Technisch warteten sie mit Frontantrieb, Breitspurfahrwerk mit Einzelradaufhängung, quereingebauten, sparsamen 4-Zylindermotoren mit obenliegender Nockenwelle und Querstromzylinderkopf und vielem weiteren auf.

Auch die Innenräume waren sehr großzügig bemessen und es konnten bei den Varianten mit Heckklappe die Ladeflächen mit geteilt umlegbaren Rücksitzlehnen variabel erweitert werden.

Es war auch die Zeit der großen Glasflächen und der perfekten Rundumsicht. Einparkhilfen gab es nicht und waren auch nicht notwendig. Einparkhilfe war allein das menschliche Auge.

Zu diesen drei modernen, strömungsgünstigen Fahrzeugreihen gesellte sich der Nissan Prairie.


 


 

Der Nissan Prairie

Bei ihm durften die Techniker in eine eigene, besondere Richtung gehen. Ihr Ziel war, ein Automobil zu schaffen, das innen extrem geräumig ist und außen jedoch sehr kompakt bleibt.

Dieses Ziel war das oberste im Anforderungskatalog und um dieses Ziel herum entwickelten sie den Prairie. Die Ingenieure bei Nissan blickten dabei über den Tellerrand und dabei etwas in die Vergangenheit.

Die ideenbringenden Ahnen Auf der Internationalen Automobil Ausstellung 1965 in Frankfurt gab sich neben konventionellen Limousinen vom Schlage einer Mercedes-Heckflosse oder eines Ford Taunus P5 ein bahnbrechendes und sogar fahrfähiges Einzelstück ein Stelldichein.

Der autonova fam

Bei geringen Ausmaßen bot der autonova fam einen maximal flexiblen und gut zugänglichen Innenraum. Der Antriebsstrang stammte vom Glas 1304 ab. Übrigens, der Motor des Glas 1304, der für diesen Prototypen verwendet wurde, konnte auch mit einer Innovation aufwarten. Hier wurde erstmals ein Zahnriemen für den Nockenwellenantrieb eingesetzt.

Es wagte sich aber kein Hersteller an dieses vom Automobil-Journalisten Fritz B. Busch und zwei Produktgestaltern kreierte Unikat heran.

Doch man kann heute dieses wegweisende Einzelstück in München in der Neuen Pinakothek als Design-Meilenstein besichtigen.

Der Lancia Megagamma

13 Jahre später, 1978, präsentierte Giorgetto Giugiaros Firma Italdesign den Lancia Megagamma, der auch ein Einzelstück bleiben musste.

Der Megagamma nutzte die technische Plattform des Lancia Gamma Berlina. Als Motorisierung diente hier der 2,5 Liter 4-Zylinder-Boxermotor mit 140 PS. Doch diese Plattform, und vor allem der Motor, waren legendär technisch unausgereift. Der Boxermotor hatte zudem einige schwere konstruktive Mängel, sodass der damalige Lancia Boss Giovanni Agnelli es nicht wagte, diese anfällige technische Basis mit einer weiteren Karosserieform zu kombinieren.

Aber die Idee des Lancia Megagamma geisterte von nun an bei den Entwicklern vieler Autohersteller in den Köpfen herum.

1981 – Eine gute Idee endlich im Verkaufsraum

Der Nissan Prairie M10, in Nordamerika als Nissan Stanza Wagon bekannt, kam ab dem Herbst 1981, in Europa Anfang 1983, zu den Autokäufern.

Die Produktgestalter bei Nissan konnten auf die bewährten und ausgereiften technischen Plattformen des Nissan Stanza T11 und des Nissan Sunny B11 zurückgreifen und sich so ganz auf die Karosserie konzentrieren.


 


 

Das Raumfahrzeug

Auf nur knapp 4,10 m Länge und 1,64 m Breite wurde ein Innenraum geschaffen, der bei Bedarf ein Ladevolumen von 2.500 Litern bietet!

Zum Vergleich: Der Nissan Micra, ein Vertreter der Kleinwagenklasse, ist in seiner aktuellen Generation nur 10 cm kürzer, aber sogar 10 cm breiter.

Der Kofferraum ist gut zugänglich über eine weitöffnende Heckklappe, die bis über die Stoßfänger hinabreicht. Das ergibt eine Ladekantenhöhe von nur 0,45 m, die so ein müheloses Be- und Entladen ermöglicht.

Durch den tief angesetzten Ladeboden und die Fahrzeughöhe von 1,60 m, hat man im Kofferraum eine Ladehöhe von 1,20 m zur Verfügung. Zimmerpalmen, Pendeluhren und ähnliches können somit stehend transportiert werden.

Urlaubsfahrten mit einer fünfköpfigen Familie verloren komplett ihren Schrecken, da selbst bei voller Besetzung das Ladeabteil in seiner Grundform bis zur oberen Fensterkante ein Fassungsvermögen von 926 Litern hat.

Zusätzlich Platz schafft der Unterbau der Sitze. Die Rückbank ist nicht direkt am Boden montiert, und so kann zusätzlich unter den Passagieren langes, sperriges Transportgut wie z.B. Ski vom Kofferraum unter die Bank durchgeschoben und so verstaut werden.

Die Innenraumgestaltung lässt sich sehr flexibel den verschiedensten Bedürfnissen anpassen. Vorder- und Rücksitze sind beliebig verstellbar. Mit wenigen Handgriffen lassen sich die vorderen Sitze und die Rückbank in eine einzige Liegefläche umwandeln – für zum Beispiel einen Campingurlaub zu zweit ohne Zelt.

Oder es wird die Rücksitzbank nach vorn geklappt, um die vorher erwähnten 2.500 Liter Ladevolumen auf einer 1,50 m langen ebenen Ladefläche zu erhalten. So konfiguriert, findet im Prairie eine Waschmaschine, eine Bauerntruhe vom Flohmarkt oder sogar eine Moto-Cross-Maschine Platz.

Ein weiteres praktisches Detail findet sich unter dem Beifahrersitz; eine ausziehbare Kunststoffwanne für allerlei Utensilien. Man sieht, beim Prairie wird kein cm² Fläche ungenützt verschwendet.

Befürchtungen, dass diese Lasten, wenn schon nicht zu groß, dem Prairie zu schwer wären, sind unbegründet. Der Prairie verträgt eine Zuladung von knapp 500 kg.


 


 

Die Schiebetüren. Durchgehend geöffnet

Um den Passagieren einen besonders bequemen und barrierefreien Zugang zu ermöglichen, hatten sich die Entwickler für hintere Seitenschiebetüren entschieden. Und sie gingen noch einen Schritt weiter und ließen die B-Säule weg.

Die Tester von der Autorevue bemerkten dazu folgendes: „Es ist unheimlich bequem, beinahe aufrecht in den Prairie zu schreiten, ohne sich dabei die Ellbogen anzuhauen.“ (Autorevue 5/83) 
Die Ingenieure investierten viel Gehirnschmalz, um beim Prairie auf die stabilisierende B-Säule verzichten zu können. Sie verstärkten die Karosserie mit zusätzlichen Querträgern in der Dach- und Bodengruppe. Die vorderen Sicherheitsgurte verankerten sie durch eine eigene Konstruktion am Dach.

Durch die nicht vorhandene B-Säule hat man eine durchgängige seitliche Öffnungsbreite von 1,60 m und eine Öffnungshöhe von 1 m, wenn die Schwenktüre noch vorne geöffnet und die Schiebetüre nach hinten geschoben ist.

Erst um 2010 bot in der Kompaktwagenklasse der Ford B-Max das Konzept der Schiebetüren wieder an.


 


 

Ein Malheur beim Tanken – nicht beim Prairie

Da die Schiebetüren ganz knapp an der Karosserie hinweg gleiten, wurden die Fensterkurbeln so konstruiert, dass sie nach der Benutzung automatisch in eine Kunststoffschale zurückklappen und so nicht im Weg sind. Unbedachtes Öffnen der rechten Schiebetüre während des Tankvorgangs wird durch eine smarte Sicherheitsvorkehrung unterbunden. Um den Tankeinfüllstutzen öffnen zu können, muss man einen Bügel zur Seite schieben, der so die Schiebetür mechanisch sperrt.
 

Für Fahrer mit Hut

Selbst für fünf Passagiere bekommen die Begriffe „Kopf- und Beinfreiheit“ im Prairie eine neue Bedeutung. Der Fahrgastraum ist über 1,80 m lang und über den Köpfen wäre für den sprichwörtlichen Zylinder noch genügend Luft. Der Prairie nutzt seine Fahrzeughöhe von 1,60 m – übrigens der SUV Nissan Qashqai baut genau so hoch – für maximale Bewegungsfreiheit. In hohen Autos sitzen die Menschen aufrechter und beanspruchen so weniger Platz in der Längsrichtung.


 


 

Die Ausstattung. Reichhaltig. Alles wie gewohnt. Beinahe …

Drehzahlmesser, Nebelschlussleuchte, Intervallscheibenwischer, Fernbedienung mittels Bowdenzügen für Tankdeckel und Heckklappe, Halogenscheinwerfer, getönte Rundumverglasung, zwei innenverstellbare Außenspiegel, höhenverstellbares Lenkrad und vieles weitere waren Anfang der 80er-Jahre keine Selbstverständlichkeiten, aber für Fahrer von Nissan-Fahrzeugen schon damals gewohnter, guter Standard.

Beim Prairie wurden noch zusätzlich weitere Heizungs- und Lüftungsauslässe unter dem Beifahrersitz installiert, um den großen Innenraum rasch temperieren zu können. Selbst der Handbremshebel musste seinen gewohnten Platz am Wagenboden für eine geräumige, abmontierbare Ablagenbox verlassen und wurde als Ziehstock neben dem Lenkrad angebracht.


 


 

Die technische Ausführung

Wie schon zu Beginn erwähnt, konnten die Konstrukteure die Karosserie auf eine solide technische Basis setzen und nutzten die Komponenten des Stanza T11 und des Sunny B11 und passten sie dann optimal auf die Erfordernisse der hohen Karosse an.

Das Fahrwerk war auf dem letzten technischen Stand. Einzelradaufhängung vorne an McPherson Federbeinen, Dreiecksquerlenkern und Kurvenstabilisator, hinten an Längslenkern Drehstabfedern und Stoßdämpfern. Die Drehstabfedern (Torsionsstäbe) wurden eingesetzt, um bei der Konstruktion des Fahrwerks Platz zu sparen. Platz, der den hinteren Passagieren zu Gute kommt.

Die Zahnstangenlenkung ermöglicht ein leichtes und exaktes Handling. Der Wendekreis von 11,2 Metern fällt zudem sehr rangierfreundlich aus. Das Resultat dieser Abstimmung ist ein problemloses, gutmütiges vorhersehbares Fahrverhalten, das bei extremen Fahrmanövern mit leichtem Untersteuern die Grenzen der Physik ankündigt.

Insgesamt ist das Sicherheitskonzept mit computerberechneten Knautschzonen, einem Zweikreisbremssystem mit Scheibenbremsen vorne, Servounterstützung und Bremskraftregler sowie dem negativen Lenkrollradius, der für stabiles Bremsen auf unterschiedlich griffigen Straßenverhältnissen sorgt, auf hohem technischen Niveau.

Der Antrieb Unter der Motorhaube ist entweder der 1,5-Liter-Motor aus dem Sunny mit 70 PS oder der 1,8-Liter-Motor aus dem Stanza mit 88 PS quer eingebaut. Beide haben eine zahnriemengetriebene obenliegende Nockenwelle, basieren auf dem Querstromprinzip mit gegenüberliegenden Ein- und Auslassventilen und bereiten das Benzinluftgemisch mit einem 2-Stufen-Fallstromvergaser auf.

Vom Charakter sind sich der 1.488 ccm- und der 1.809 ccm-Motor sehr ähnlich. Sie sind sehr antritts- und drehmomentstark, geben bei 3.200 U/min ihr jeweils maximales Drehmoment von 114,7 Nm beziehungsweise 142 Nm ab.

Sie beschleunigen bei Bedarf in knappen 16 Sekunden oder 14 Sekunden von 0 auf 100 km/h, sind also durchaus spritzig.

Da sie ihre Kraft schon bei mittleren Drehzahlen liefern, entschieden sich die Techniker für lange Getriebeabstufungen. Die Höchstgeschwindigkeiten von 145 km/h und 160 km/h werden jeweils im 4. Gang erreicht. Der 5. Gang ist zum ökonomischen Dahingleiten gedacht. Trotz des hohen Aufbaus und dem Leergewicht von 1.100 kg sind die Prairies im Alltag mit 7 bis 9 Litern zu fahren.

Im harten 50.000-km-Dauertest im Magazin „freie fahrt“ verbrauchte der Prairie 1,8 im Durchschnitt nur 9,5 Liter Normalbenzin.


 


 

Zuverlässigkeit, Preis und Wert

Den 50.000 km Dauertest absolvierte der Prairie ohne Panne und Reparatur. Das war keine Selbstverständlichkeit. Einzig der Nissan Sunny B11 und der Mitsubishi Colt A150 schafften davor auch so ein Ergebnis. Die Servicearbeiten beschränkten sich auf das Notwendigste; Öl- und Filterwechsel und neue vordere Bremsklötze bei 50.000 km.

Ab 130.000 Schilling war man dabei und konnte dieses vielseitige Fahrzeug sein Eigen nennen. Ums gleiche Geld gab es anderswo einen zweitürigen Golf in karger Basisausführung.

Und es soll hier noch erwähnt sein. Der Prairie lässt sich sehr geschmeidig und angenehm fahren. Und das auf leisen Sohlen. Bei 100 km/h wurden 70 dB gemessen, das entspricht sogar noch heutigen Standards. Diese Fahrkultur stellte auch ein Motorjournalist des Kurier fest.


 


 

Nissan Prairie: Der Freizeit neue Räder

Wer ihn fährt, setzt sich auf einen Hochstand. Man erhebt sich gewissermaßen über das übliche Niveau der Autofahrer. Dass man dennoch nie das Gefühl hat, in einem Kleinlaster zu sitzen oder in einem dieser maskulinen, kratzbürstigen Geländeautos – die einen ähnlichen Hochstand aufbauen –, liegt an dem hervorragenden Bedienungs- und Fahrkomfort. Man erfreut sich einer leichtgängigen Pedalerie, einer federleichten Servolenkung, die obendrein noch präzise Kommandos weitergibt, einer guten Schaltung und exzellenter Bremsen. Der Innenraum erinnert an eine gemütliche Garconniere. Sitze und Innendekor sind kommod und erfrischend.“ (Kurier, 1985)

Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Mitbewerber

Die Hochraumfahrzeuge der Mitbewerber waren der Honda Civic Shuttle und der Mitsubishi Space Wagon. Der Renault Espace kam 1984 dazu, spielte aber in einer höheren Preisklasse.


 


 

Das Facelift

Mitte 1985 gab es Detailänderungen am Prairie. Die Sitze waren nun dicker gepolstert und boten einen besseren Seitenhalt, das Armaturenbrett wurde umgestaltet, der Schalthebel und die Schaltwege wurden verkürzt. Am genialen Innenraumkonzept wurde aber sonst nichts verändert.

Für noch mehr Fahrsicherheit sorgt ein zusätzlicher Stabilisator an der Hinterachse, der bei größter Zuladung Nickbewegungen über die Längsachse verhindert.

Die vorderen Sicherheitsgurte wurden jetzt direkt in den Türrahmen montiert. So ist der Zugang durch die Seite noch größer.

Übrigens: Carnapping, den Fahrer beispielsweise an einer roten Ampel aus dem stehenden Fahrzeug zu zerren und im weiteren das Auto zu stehlen, ist mit dieser Gurtkonstruktion nicht möglich. Wenn man angegurtet ist, lässt sich die Türe nicht ruckartig aufreißen. Gurte als Diebstahlschutz … Die Motoren erfuhren kleine Überarbeitungen, haben dadurch etwas mehr Drehmoment und geringfügig gesenkten Verbrauch. Durch eine geänderte Lenkübersetzung wurden die Lenkkräfte minimiert.


 


 

Der erste SUV

Ab 1987 schickte Nissan eine weitere Variante ins Rennen. Der Prairie 4x4. Zu erkennen an etwas veränderten optischen Ausführungen wie massiven Stoßfängern und anderen Leuchten.

Nun konnte der Prairie wirklich in die Prärie! Über Knopfdruck kann die Hinterachse als Antriebsachse dazu geschalten werden und bietet so zusätzliche Traktion. Die Kraft liefert beim Allradmodell der 2-Liter-Motor des Bluebird mit 90 oder 105 PS.

So wurde der Prairie M10 am Ende seines Modellzyklus noch zum geländegängigen Allzweckfahrzeug.


 


 

Der Nachfolger, der Prairie M11

„Zwischen der kastenhaften Eckigkeit des früheren und der windschlanken Eleganz des neuen Prairie liegen mehrere Stilepochen, die die Nissan-Designer offenbar einfach übersprungen haben, so als hätte Breughel der Ältere plötzlich angefangen, kubistisch zu malen.“ (Autorevue 3/89)

Der Name und die hinteren Schiebetüren, diesmal mit B-Säule, verbinden diese zwei Generationen des Prairie. Der M11 war sonst ein völlig neues Fahrzeug, das sich auf 4,36 m Länge erstreckt.

Charakteristisches äußeres Designmerkmal ist die keilförmige Silhouette, gezeichnet durch den stark abfallenden Bug und der riesigen Frontscheibe, die den Neigungswinkel der Haube weiterführt.

Die Karosserie wuchs nicht nur um 26 cm in die Länge, sondern auch jeweils 5 cm in die Breite und in die Höhe.

Im Gegensatz zum Vorgänger legte man diesmal mehr Wert auf optische Gefälligkeit als auf Praxisnutzen. Der Prairie sollte neben dem modernen Design-Geländewagen Nissan Terrano und dem dynamischen Sportwagen Nissan 200 SX als Lifestyle-Fahrzeug wahrgenommen werden.

Der Innenraum profitierte jedenfalls nicht vom Größenwachstum der Karosserie. Der Kofferraum verkleinerte sich auf 370 Liter Ladevolumen in seiner Grundform. Die Insassen finden aber weiterhin großzügig Platz, und die innovative, flexible Innenraumgestaltung des Vorgängers wurde zum größten Teil übernommen.

Doch spektakuläres Raumwunder war der Prairie definitiv nicht mehr. Bei nach vorgeklappter Rückbank hat man nun ein maximales Transportvolumen von 1.500 Litern; 1.000 Liter weniger als beim kompakteren Vorgänger.


 


 

Die Technik

Anfangs gab es einen 2-Liter-Motor mit 90 oder 98 PS. Das 1.974 ccm große Triebwerk bietet mit Doppelzündung (also mit zwei Zündkerzen pro Zylinder), kennfeldgesteuerter Zündanlage kombiniert mit einem Motorkontrollsystem und einem Selbstdiagnosesystem, benzinsparender Schubabschaltung und ähnlichem, hohe technische Kompetenz. Das maximale Drehmoment mit 145 Nm liegt schon bei 2.400 U/min an. Der hohe Aufwand konnte in der Praxis nicht so recht überzeugen. Die Fahrleistungen blieben auf dem Niveau des Vorgängers mit 88 PS, die Leistungsabgabe war eher zäh und der Verbrauch konnte auf bis zu 12 Liter ansteigen.

1992 wurde ein 2,4-Liter-Motor mit 12-Ventil-Technik und 133 PS nachgereicht, der bei ähnlichem Verbrauch souveränere Fahrleistungen bietet.

Auch das Fahrwerk wurde mit großer Sorgfalt konstruiert. Einzelradaufhängung mit McPherson-Federbeinen und L-förmigen Querlenkern vorne, die Hinterräder waren einzeln an Quer- und Längslenkern aufgehängt mit einem kugelgelagerten Querstabilisator.

Wer wollte, konnte sich den Prairie als 4x4 mit permanentem Allradantrieb bestellen. Auch hier erreicht die Konstruktion mit einer Visko-Kupplung ein hohes technisches Niveau. Es rotieren in einer zähen – also hochviskosen – Flüssigkeit mehrere Lamellen-Scheiben, die wechselseitig Vorder- und Hinterrädern zugeordnet sind. Ändern sich die Schlupfverhältnisse und drehen sich die Scheiben dadurch unterschiedlich schnell, versteift sich die Viskofüllung und gleicht den Drehmomentunterschied mit einer anderen Lamelle zu einem anderen Rad aus.

Eine weitere Finesse beim Allradmodell ist die komplexere Hinterradaufhängung mit doppelten Querlenkern, einfachem Schräglenker, Zug-streben und einem weiteren Stabilisator, die einen leichten Mitlenkeffekt der Hinterräder erzeugt.

Auf Wunsch konnte der Prairie mit Frontantrieb mit einer vierstufigen Getriebeautomatik ausgerüstet werden.

Doch das hat alles seinen Preis. Der Prairie M11 kostete um mindestens 100.000 Schilling mehr, als sein Vorgänger. Die Preislisten begannen nun bei rund 260.000 Schilling.

Der hohe technische Aufwand, der hohe Preis standen in keiner optimalen Relation zum Ergebnis. Der Prairie der ersten Generation setzte sich als smartes, preiswertes Großraumfahrzeug in den Köpfen der Autokäufer fest. Der Prairie der zweiten Generation bot Dinge und Eigenschaften an, die die Käufer des Prairie der ersten Generation nicht suchten und nicht brauchten, und sie vermissten bei der zweiten Generation das enorme Platzangebot und den günstigen Preis des Ur-Prairie.

Was aber definitiv beide Generationen eint, ist die dauerhafte Haltbarkeit und bedingungslose Zuverlässigkeit.

Trotzdem: Der Prairie M11 fand immer weniger Käufer und wurde 1994 in Europa aus dem Verkaufsprogramm genommen.

Der unmittelbare Nachfolger, der Prairie Liberty M12 wurde 1998–2004 nur noch in Japan angeboten.


 


 

Der Nissan Serena

In Europa sollte ab 1991 der Nissan Serena C23, der Nachfolger des Kleinbusses Nissan Vanette, Prairiekäufer der ersten Stunden zurück in die Verkaufsräume holen. Der mit 4,32 Metern Länge handliche Wagen überraschte auch mit cleveren Lösungen, wie die zur Seite hochklappbaren hinteren Sitze und einer hinteren Schiebetür auf der Beifahrerseite.

Die Motore – 1,6 Liter und 2,0 Liter Benziner mit 16-Ventil-Technik aus dem Nissan Primera und ein 2,0 – ab 1996 ein 2,3-Liter-Wirbelkammersaugdiesel – sind hinter der Vorderachse unterhalb des Fahrer- und Beifahrersitzes eingebaut, um Platz für den Innenraum zu schaffen.

Doch mangelnder Feinschliff im Detail, bei voller Besetzung kleiner Kofferraum, am Beginn eingeschränktes Motoren-, Ausstattungs- und Sicherheitsangebot, wie keine lieferbaren Airbags, ließen auch beim Serena den großen Verkaufserfolg ausbleiben.
                                                                

Nachfolger gab es in Europa keinen mehr. Die Kundenwünsche und Ansprüche hatten sich verändert und Nissan traf erst 2007 mit dem kompakten SUV Qashqai wieder den Nerv der Zeit. Aber das ist eine andere Geschichte …

Der Prairie M10 als Oldtimer und Klassiker im Alltag

Vor allem die erste Generation des Prairie überzeugt mit seiner durchdachten, smarten Konzeption und hat einen ganz speziellen eigenen herben Charme, der überraschend auch junge Leute anspricht, die sonst mit alten Autos nichts am Hut haben. Er gefällt, weil er nicht gefallen will. Und auch schon vor knapp 40 Jahren so anders war.

Auf Oldtimertreffen ist der Prairie immer wieder ein Magnet für viele Menschen und Anlass für interessante „Benzingespräche“.

Der Autor dieser Zeilen weiß auch noch von einigen Prairies, die seit Jahrzehnten im Alltagsgebrauch sind und trotz astronomischer Kilometerstände – zwischen 160.000 und knapp 400.000 km – stoisch ihre Dienste verrichten. Wer genau schaut, findet sie noch auf Baumarktparkplätzen und ähnlichem Terrain.

Besonders im hohen Fahrzeugalter besticht der Prairie mit seiner einfachen, cleveren Konstruktion. Extrem zuverlässig, mit beständigen Materialien verarbeitet und alle Aggregate für Wartungsarbeiten gut zugänglich. So lässt sich der Prairie auch als Oldtimer im Alltag leicht bewegen.

Der Prairie M10 ist ein nachhaltiges Fahrzeug, das mit geringem Materialeinsatz, Energieverbrauch und überschaubarer Wartung ein Maximum an Nutzen, Platz, Komfort und Lebensdauer bietet.

Um am Ende der Betrachtung des Prairie noch einen Werbeslogan zu bemühen … Er läuft und läuft und läuft und … auch als Oldtimer!
 

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