Wer ist eigentlich dieser unglaubliche Martin Winterle? …

Autor: Franz Pulkert


Seit vielen Jahren präsentiert er hier kundig und mit Herzblut die kleinen automobilen Schätze unserer Kindheit. Jedenfalls war es an der Zeit, ihm in Stadl-Paura einen Besuch abzustatten

Martin Winterle ist gebürtiger Innsbrucker und verbrachte sechs Jahrzehnte seines Lebens in Tirol. Er stammt aus einfachen Verhältnissen, begann seine Berufslaufbahn als kaufmännischer Lehrling und brachte es bis zum Niederlassungsleiter im Prokuristenrang. Vom Lebensmittelhandel über den Verkauf von Prinoth-Schneefahrzeugen bis zur Position als kaufmännischer Leiter einer Industrievertretung im Sanitärbereich lief sein Berufsweg. „Immer etwas für den Menschen bewegen zu können“, nennt Winterle als das Erfüllende in all seinen beruflichen Stationen.

Als Kind ging er recht vorsichtig mit seinen Spielsachen um. Er „passte auf“ damals auf sein Spielzeug. Aber das bedeutet nicht, dass heute die Enkelkinder Opas Spielzeugautosammlung bloß anschauen dürfen: „Nein, schon früh lernen sie, wie man vorsichtig damit umgeht und der damals dreijährige Raphael konnte bei den alten Tekno-Autos schon problemlos Türen öffnen, Reservereifen ein- und auspacken und mit diesen 1:43-Modellen auch problemlos im Retourgang einparken“, erzählt der Opa nicht ganz ohne Stolz.

Einige Exemplare haben es direkt aus Martins Kinder- und Jugendtage bis in die Sammlung geschafft. Vor 47 Jahren begann er so richtig mit dem Sammeln.

Unseren Lesern ist es kaum verborgen geblieben, dass Martin seine Autos gerne in Dioramen präsentiert. Die Liebe zu dieser „Schaustellung“ begann mit einem Besuch im ehemaligen Schlumpf-Museum in Mühlhausen. Da beschloss Martin, sich eine detaillierte Sequenz des Museumsinneren zu basteln, mit Schotter, Bogenlampen etc., welche er dann immer mit wechselnden Autos bestücken kann … „das ist sozusagen meine Wanderausstellung!“

Besonders liebenswert an seinen Dioramen ist ja, dass Martin nie den Charakter des „Spielzeugs“ zu kaschieren versucht. Perfektion im Sinne von Maßstabtreue und perfektem Detailreichtum wie etwa im Modellbau sind seine Sache nicht.

Privat hatte Martin einst längere Aufenthalte in der DDR, dort lernte er Wartburg, Trabant, Lada und Co. sozusagen im „natürlichen Habitat“ des Alltags kennen. Das fand auch Niederschlag in der Sammlung mit einigen russischen und sogar chinesischen Spielzeugautos. Auch die Erinnerung an die jährlichen Familienurlaube in Istrien in der Zeit des Marschall Tito inspirieren die Ausgestaltung zahlreicher kleiner Landschaftsminiaturen.

Alte Häuserfassaden als Hintergrund werden aus Schreiber-Ausschneidebogen fabriziert. Eine simple, aber effektive Methode, welche Martin da entwickelt hat. „Auch das Internet ist nicht nur eine gute Möglichkeit, Kontakte zu Sammlerkreisen zu recherchieren, An- und Verkauf zu tätigen, auch Dekorationsmaterial für die Dioramenausgestaltung gibt es reichlich zu finden und auszudrucken.“

Stichwort Diorama: Spielzeugautos sollte man leben lassen – „Sie dürfen heraus“, lacht Martin, „Sie sind ja mein Ersatz für einen ,richtigen‘ Oldtimer. Aus beruflichen und familiären Gründen kam so eine Anschaffung in 1:1 nie wirklich zustande …, aber auch da wäre die Priorität die gleiche, nämlich sie möglichst nicht nur in der Garage stehen zu haben, sondern sie zum Spielen zu nützen und rauszuholen.“

Martin Winterle bewundert Oldtimerbesitzer, besucht auch gerne deren Veranstaltungen und holt sich dort viele Anregungen.

Was ihm besonders am Herzen liegt ist das Restaurieren. „Dazu braucht es vor allem einmal sehr, sehr viel Fundus, nichts wegschmeißen bitte, jedes Rädchen, jede Stoßstange, jedes kaputte Auto aufheben. Nichts ist so befriedigend, als wenn man in seinem Lager genau das Teil findet, das dann dem Neuzugang fehlt …“. Es wird gebohrt, geschraubt und geklebt, mit Airbrush wird neu lackiert … Entlackt wird mit neuer, umweltverträglicher Chemie. Und sollte das einmal nicht so gut funktionieren, dann hat Martin für uns einen Tipp: „Einstreichen, gut in Alufolie einwickeln und über Nacht einwirken lassen …funktioniert hervorragend!“

Sein bevorzugter Maßstab ist 1:43, mit Ausnahme der Modelle von Matchbox – da kommt es Martin nicht auf die Größe an. Und auch die kleinen „billigen“ Miniaturen aus Plastik – und die „Gummiautos“ – liegen ihm besonders am Herzen. Der Ankauf ganzer Sammlungen und der Weiterverkauf einzelner Stücke daraus muss auch dazu dienen, einzelne, für die Sammlung benötigte Exemplare zu finanzieren.

Martin ist auch langjähriger Philatelist. Und die Kontakte zu seinen Briefmarkenfreunden haben schon oft zu interessanten Spielzeugkontakten geführt. „Überhaupt ist die Vernetzung ganz wichtig und etwas sehr Schönes an diesem Hobby. Man lernt so viele unterschiedliche Menschen kennen, Künstler, Philosophen, Restauratoren … einfach jede Spezies Mensch!“

Martin Winterle ist der Austausch mit den Leserinnen und Lesern wichtig: „Wenn ich etwas in der Austro Classic herzeige und darüber schreibe, so ist es ein bisschen, als wenn ich Besucher zu mir ins Haus einladen würde, was natürlich in der Praxis nicht möglich ist. Es freut mich aber, andere an meiner Leidenschaft teilhaben zu lassen.“

„Was sollte man eigentlich heute zu sammeln beginnen?“, frage ich Martin. „Schwierig zu beantworten …“, meint er, sich selber bezeichnet er als großen Nostalgiker. Auch bei neuen Modellen steht meist das Sammeln von Oldtimer-Replikas im Vordergrund. „Eine Möglichkeit wären 1:18er-Modelle, aber nur solche mit handwerklichem Hintergrund …, also eher ein teurer Spaß. Und die brauchen auch viel Platz!“, sagt Martin und führt mich an den zahlreichen Vitrinen in seinem gemütlichen Haus entlang. Er bewohnt es gemeinsam mit seiner Gattin Ingrid und da erkennt der Besucher ein Muster, das zum Glück oft in einschlägigen Sammlerhaushalten auffällt: Die liebenswürdige Gemahlin toleriert und unterstützt nicht nur tatkräftig dieses Auto-Hobby (beim Restaurieren und beim Dioramenbau), sie hat sich selbst ebenfalls ein Refugium im Haus geschaffen: Mehrere Räume sind mit modernsten Näh- und Strickmaschinen ausgestattet, welche wohl manchen Handwerksbetrieb neidisch machen. Auch ein Stoff- und Nähseidelager gibt es – Gattin Ingrid fabriziert Trachtenmode und interessiert sich für die damit verbundene Historie.

Der Wert von Martins Sammlung? Lässt sich eigentlich nicht an Zahlen festmachen und Martin will das auch gar nicht versuchen: „Abgespielte Autos und solche, welche eine Geschichte anbieten oder mir von einem lieben Menschen geschenkt worden sind, die haben eigentlich für mich den zigfachen Wert von makellosen, originalverpackten Stücken.“

Gibt es ein Ziel – gibt es die „Blaue Mauritius“? „Nein, die hab’ ich nicht, aber eine imaginäre Wunschliste hab’ ich schon, darauf finden sich einige Tekno-Modelle, Märklin, alle alten 1:43er, einige alte Matchbox … oder, einfacher ausgedrückt … ich sammle meine Kinder- und Jugendzeit!“


 

 

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