Deutschlands erfolgreichster Puch-Fahrer

Autor: Thomas Reinwald


Kein anderer deutscher Fahrer verkörperte eine derart hohe sportliche Bindung zum Puch-Werk wie Heinz Liedl in den 1960er-Jahren.

Mit dem Niedergang der deutschen Motorradindustrie in der zweiten Hälfte der 1950er- Jahre war für ambitionierte Sportler das Angebot an Wettbewerbsmotorrädern sehr gering. Einer der Werke, die vom generellen Rückgang des Motorradverkaufs scheinbar unberührt blieben, waren die Puch-Werke in Graz. Auf Grund der zahlreichen deutschen Motorradwerke waren die Verkaufszahlen in Deutschland eher bescheiden. Dies änderte sich jedoch um 1957/58, denn auf einmal rückten die österreichischen Doppelkolben-Zweitakter auch für deutsche Zweiradfans in den Fokus. Einer, der einen ganz großen Beitrag dafür leistete, war die Vertretung von Ludwig Liedl im bayerischen Ort Graßlfing – in der Nähe von Regensburg.

Liedl warb mit einem Zentrallager für Puch und schnell sprach sich herum, dass dort auch spezielle Reparaturen der Doppelkolbenmotoren fachgerecht durchgeführt werden konnten. Darüber hinaus bot „Puch-Liedl“ – wie er in der Szene nur genannt wurde – auch Gelände- und Moto-Cross-Wettbewerbsmotorräder an, dazu gab es passend abgestimmte Getriebe und spezielle Übersetzungen.

Ludwigs Sohn Heinz setzte sich bereits 1954 im Alter von 15 Jahren auf die Sitzbank einer Geländemaschine, sammelte erste Erfahrungen und fuhr bereits auch erste Erfolge ein. Sein Talent und seine Begeisterung war so groß, dass er bereits 1959 als Lizenzfahrer mit einer 125er Puch in der Deutschen Geländemeisterschaft teilnahm. Allerdings war er kein mit Werksmaterial ausgestatteter Pilot, sondern fuhr als Privatfahrer, dennoch mit privat erstklassig getuntem Topmaterial.

Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass von den sportlichen Erfolgen des Sohnes auch die Bekanntheit der Vertretung profitierte. Schnell machte er auf sein Talent aufmerksam. Bei der DMV-2-Tage-Fahrt wurde er als Klassensieger gewertet und in der deutschen Meisterschaft entbrannte anfangs ein Konkurrenzkampf zwischen dem Puch-Fahrer, dem NSU-Piloten Michel sowie dem Werksfahrer der Zweirad-Union, Heinz Klingenschmidt. Nach dem dritten Meisterschaftslauf, der Bayerwaldfahrt, stand der 20-Jährige an der Spitze der Achtelliterwertung. Bis zum Ende der Saison gab er sie auch nicht mehr ab und wurde bereits in seinem ersten Jahr deutscher Meister. Sein Erfolg war derart meisterlich, dass er die maximal mögliche Punktezahl von 2200 auf sein Konto addiert hatte.

Mit dem Sportjahr 1960 knüpfte er sogleich an seine Erfolge an. Generell galt, dass die österreichischen Doppelkolbenmotoren mehr Power als die Zweitakter der Zweirad-Union hatten und so blieb Liedl auch weiterhin die Nummer eins der Achtelliterwertung. Beim fünften DM-Lauf in Mauer bei Heidelberg machte er dann auch seinen zweiten Meisterschaftsgewinn perfekt.

In der Saison 1961 trat mit dem Münchner Albert Braun unerwartet ein neuer Kontrahent auf. Mit einer KTM-Werksmaschine ausgestattet – der Motor war eine Lizenzfertigung von Fichtel & Sachs – zeigte er sich äußerst schnell. Die 125er-Wertung reduzierte sich in diesem Jahr auf den sportlichen Zweikampf zwischen Braun und Liedl beziehungsweise der zwei österreichischen Hersteller Puch und dem Newcomer KTM. Nach dem vierten Lauf führte Braun vor Liedl und daran änderte sich auch in den noch zwei ausstehenden Läufen nichts mehr – der 22-jährige Heinz Liedl musste sich mit dem Vizemeistertitel begnügen.

Im Sportjahr 1962 ergab sich zur Halbzeit auf seinem Punktekonto die maximal mögliche Zahl von 3 x 370 Zählern – 1100. Bei den drei noch ausstehenden Läufen unterstrich er ebenfalls seine Meisterschaftsambitionen und am Schluss der Saison stand er auch ungefährdet an Nummer eins der Wertung. Damit sicherte er sich seinen dritten Deutschen Meistertitel in der 125er-Wertung.

Das Jahr 1963 zeigte erneut, dass die 125er-Geländewertung für kein Werk von Interesse war, denn Zündapp, Hercules, Zweirad-Union und Kreidler legten ihr Werksengagement auf die Kategorien 50, 75, 100, 175 und 250 cm³, nur nicht auf die 125er-Wertung. Heinz Liedl auf seiner Puch galt in der Achtelliterwertung erneut als Titelanwärter, allerdings bekam er mit dem Zündapp-Fahrer Albert Seitz erneut einen starken Konkurrenten. Durch ständig gute Platzierungen von Albert Seitz verlagerte sich die Titelentscheidung auf den letzten Lauf, der als Fränkische Geländeprüfung betitelt in Schweinfurt stattfand. Durch ein Missgeschick von Seiten Zündapp wurde Albert Seitz von Sportbetreuer Georg Weiß aus dem Rennen genommen und Heinz Liedl konnte sich – ohne Zweikampf – nochmals den Meistertitel sichern. Dieser vierte deutsche Geländemeistertitel bedeutete für den 24-Jährigen gleichzeitig die Beendigung seiner Laufbahn als Geländesportler, aber nicht als Motorsportler.

Heinz Liedl entschied sich für eine endgültige Verlagerung auf den Vierradsport im Sitz eines – wie konnte es anders sein – Puch-Steyr 650.

Am Anfang seiner motorsportlichen Laufbahn fuhr er 1959 zweigleisig – mit dem Motorrad und im Sitz eines Messerschmitt Tiger bei Bergrennen. Schnell stellte sich heraus, dass er auch auf vier Rädern mit seiner ruhigen, überlegten Art und doch rasanten Fahrweise ganz vorne mitmischen konnte.

Ab dem Jahr 1964 fand er in der Wertung der Deutschen Bergmeisterschaft sein Terrain, in dem er heimisch und gar zum Schrecken der Konkurrenz wurde. 1964 stellte sich erstmals heraus, dass keiner schneller die Berge hinauffahren konnte als er – auch nicht die 700er BMW-Fraktion, die alles unternahm, um ihn zu bezwingen. Mit dem ersten Titel auf vier Rädern setzte er 1964 seine Erfolgsstory nahtlos weiter fort. Gegen den 25-jährigen Steyr-Puch-Spezialisten, der genauso wie sein Motorrad auch sein Auto selbst für den Renneinsatz vorbereitete, war auch 1965 die Konkurrenz machtlos und am Ende der Saison feierte er erneut den Deutschen Bergmeistertitel.

Zu guter Letzt schaffte er auch noch den Hattrick im Jahre 1966. Als er zwar auch 1967 noch weiterhin vorne mitfuhr, jedoch am Ende den Vizetitel errang, beendete er mit 28 Jahren seine motorsportliche Karriere. Fortan stand er weiterhin als Puch-Experte zur Verfügung und blickte auf die stattliche Bilanz von sieben deutschen Meistertiteln, zwei Vizetiteln, 54 Siegen auf der 125er-Maschine und 89 Erfolge auf vier Rädern zurück. Nicht zu vergessen sind dabei seine vier goldenen und eine silberne Medaille bei den jährlichen 6-Tage-Fahrten.

Fortan versorgte er die deutsche Puch-Szene als „ältester Puch-Großhändler in der BRD“ – wie es 1974 in seinen Werbeinseraten hieß – mit Rat, Tat und Teilen. Daneben trat er auch noch als Importeur für die englischen Motorradfirmen Greeves und Dalesman auf. Puch selbst hatte in Freilassing eine werkseigene Niederlassung, die Deutsche Steyr-Daimler-Puch.


 

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