T-Time!

Autor: Wolfgang (Text) und Ulli (Photos) Buchta


MG wird 100, und Austro Classic gratuliert mit einer Story über die „klassische Epoche“ von MG – von „Old Number One“ bis zum MG T-Type

Beginn vor 100 Jahren – oder so ähnlich

… 2023 feiert die Marke MG weltweit das „Centenary“, also sein 100-jähriges Jubiläum, und das ist wohl ein guter Moment, an den Beginn der Marke zu blicken.

1921, also vor 102 Jahren trat ein gewisser Cecil Kimber – begeisterter Motorsportler, Betriebswirt und Automobildesigner – seinen Dienst als Verkaufsleiter bei „Morris Garages“ in der Longwall Street in Oxford, der lokalen Niederlassung des Automobilhersteller Morris, seinen Dienst an. „Morris Garages“ – das nur nebenbei erwähnt – war keine Tochterfirma des Herstellers, sondern gehörte „dem Chef“ persönlich, stand also im Besitz von William Morris (dem späteren Lord Nuffield).

Mr. Cimber war, wie erwähnt, dem Motorsport zugetan und setzte sich auch gerne selbst bei lokalen „Hill Climbs“ – wie die Briten ihre Bergrennen in weiser Bescheidenheit nennen, denn die englischen Berge fallen für uns Alpenbewohner wohl eher in die Kategorie „Hügel“ – und Trials ans Steuer. Schade nur, dass die von „Morris Garages“ angebotenen Fahrzeuge – Morris Minor und Morris Cowley – alles andere als sportlich waren …

Der tüchtige Mr. Kimber wurde 1922 zum Geschäftsführer von „Morris Garages“ befördert und schritt zur Tat. Bald wurde der erste Morris Cowley mit einer – etwas eleganteren und sportlicheren – Sonderkarosserie versehen. 1923 folgte der erste Zweisitzer. Mit dem ab 1924 in geringer Stückzahl im neuen „Werk“ in der Alfred Lane in Oxford gebauten „MG 14/28 Super Sports“ wurde sogar so eine Art Serienproduktion gestartet.

„MG“ stand natürlich für „Morris Garages“, und im gleichen Jahr begann Kimber auch damit, das traditionelle Morris-Logo um den Zusatz „The M.G. Super Sports“ zu erweitern.

Die Nachfrage war so groß, dass 1925 die „Fa-brik“ in der Alfred Lane zu eng wurde und man im September 1925 in die Bainton Road – ebenfalls in Oxford – übersiedeln musste, wo sich bereits die Kühlerfertigung von Morris befand. In Summe sind vom MG 14/28 an beiden Standorten rund 400 Stück entstanden.

Im gleichen Jahr, also 1925, entstand der bis heute existierende „Old Number One“, den Kimber selbst einst als ersten MG bezeichnet hat. Auch der sportliche „Old Number One“ hatte als Basis den Bullnose Morris Cowley, allerdings war das Chassis im Bereich der Hinterachse modifiziert worden. Der Motor war ein 11.9 HP von Hotchkiss. Seinen ersten Einsatz hatte „Old Number One“ – den Namen hat übrigens die Werbeabteilung der Nuffield Organisation viel später „erfunden“ – beim Lands End Trial 1925 – am Steuer Cecil Kimber persönlich und erfolgreich!

„Old Number One“ war nicht immer ein hochgeschätztes historisches Artefakt. 1930 wurde der Wagen Cimber zum Kauf angeboten, der dankend ablehnte. Bei einer darauffolgenden Auktion erzielte er magere 11 Guineas (rund 11 1/2 Pfund) und landete schließlich auf einem Schrottplatz in Manchester, von wo ihn ein Mitarbeiter von MG rettete. Von da an ging’s bergauf …

Bergauf ging es auch mit MG. Bereits 1927 war der Platz in der Bainton Road zu knapp und nach nur zwei Jahren stand die nächste Übersiedlung am Programm: Next Stop Edmund Road, Cowley, Oxford. Der neue Standort hatte zwei Vorteile: Die Nähe zum Hauptwerk von Morris, aus dem die meisten Teile bezogen wurden, und genug Platz für eine Art Fertigungsstraße.

War die Automobilfertigung bisher im Rahmen der „Morris Garages“ gelaufen, so wurde im März 1928 die „MG Car Company“ als eigenständige Tochterfirma gegründet und im Oktober 1928 hatte die junge Marke erstmals einen Stand auf der London Motor Show.

Am 21. Juli 1930 folgte der vorerst letzte Schritt der Firmenwerdung von MG: Die „MG Car Company Limited“ (eine Art britische GmbH) wurde ins Firmenbuch eingetragen.

Jetzt aber wirklich!

Auch nach einigen hundert gebauten Fahrzeugen war (und ist bis heute) nicht so ganz klar: Waren die MGs eine eigene Automarke oder Morris Specials? Spätestens mit dem MG 18/80 von 1928 war diese Diskussion beendet.

Der MG 18/80 war nicht nur der erste Sechszylinder der Marke, sondern auch der erste MG mit speziell konstruiertem Chassis und dem später so typischen Kühlergrill aus senkrechten Lamellen mit senkrechtem Mittelsteg und hoch gesetzten Scheinwerfern. Aus 2.468 ccm leistete der Sechszylinder – nicht zuletzt dank obenliegender Nockenwelle – 60 PS. (Die PS-Angaben sind in den Quellen meist in bhp – „Brake horsepower“. „Das Internet“ weiß, dass 1 BHP = 0.98632 PS – wir vernachlässigen diesen kleinen Unterschied und schreiben einheitlich PS). Der MG 18/80 wurde zwischen 1928 und 1932 in zwei Serien in mehr als 700 Stück gebaut.

1929 setzte MG mit dem MG M-Type einen Meilenstein für die ferne Zukunft und definierte, wofür der Name MG – mit Ausnahmen – in Zukunft stehen sollte.

Der M-Type, besser bekannt als MG Midget oder auch als MG 8/33, wurde auf der London Motor Show von 1928 vorgestellt. Der „Zwerg“ – so die Übersetzung von Midget – war der erste Großseriensportwagen, der für eine breitere Käuferschicht erschwinglich war.

Der Midget verwendete das Chassis der Morris Minor und auch dessen Motor, einen sehr fortschrittlichen Vierzylinder von 847 ccm Hubraum und obenliegender Nockenwelle.

Aber wie kam ein biederer Kleinwagen wie der Morris Minor zu so einem fortschrittlichen Motor?

William Morris, der Besitzer der „Morris Garages“ und von MG sowie der Hauptaktionär der Morris Motors Limited, hatte 1927 die insolvente Wolseley Motors Limited erworben, und Wolseley hatte – als Hersteller von sportlichen Automobilen und Flugmotoren – großes Know-how im Motorenbau. Mit der Übernahme durch William Morris fanden diese Motoren jetzt den Weg in die Modelle von Morris (und MG).

Der Midget war nicht nur der erste MG, der von Beginn an als Sportwagen konzipiert worden war, sondern er war auch „leistbar“. Der Midget kostete nicht einmal das Doppelte des billigsten Morris Minor.

In dem kleinen, zweitürigen Zweisitzer leistete der Motor von Wolseley 20 PS (später sogar 27 PS) bei beachtlichen 4.000 U/min und gab die Kraft über ein unsynchronisiertes Dreigang-Getriebe auf die Hinterräder ab. Das Chassis des Morris Minor war tiefer gesetzt worden, und die Bremsanlage – nach wie vor mechanisch und nicht hydraulisch – war gründlich überarbeitet.

Der Midget übertraf locker die 100 km/h-Marke und begnügte sich dabei mit weniger als 6 Liter Sprit auf 100 km. Angeboten wurde er als offener Roadster (£ 175,–) und als „Sportsman Coupé“ um £ 245,–. Die Preise wurden in den folgenden Jahren angehoben und ab 1932 gab es den Midget um £ 250,– mit Kompressor.

Bei Trials und bei Langstreckenrennen in Brooklands waren die Zwerge erfolgreich. In Le Mans war 1932 ein Team von Midgets am Start, aber keiner der Wagen kam ins Ziel.

Aber die kleinen Midgets waren nicht nur auf der Straße – 3.235 Stück wurden zwischen 1929 und 1932 produziert – und auf der Rennstrecke erfolgreich. Unter dem Spitznamen „Magic Midgets“ war ein Trio von radikal modifizierten Midgets bei Rekordfahrten erfolgreich.

Die Rennfahrer Captain George Eyston und Ernest Eldridge versahen das Chassis eines Midget-Rennwagens mit größeren Bremsen, Viergang-Getriebe und stromlinienförmiger Karosserie – und konnten am 30. Dezember 1930 auf der Rennstrecke von Montlhéry bei Paris auf Anhieb die Rekorde von Erzrivalen Austin (mit dem Austin Seven) übertreffen. Mit Kompressor überschritt der EX120 sogar die magische 100-Meilen-Grenze (103,13 mph), ehe er bei neuerlichen Rekordversuchen bei rund 100 mph zu brennen begann. Eyston konnte die Geschwindigkeit auf rund 60 mph verringern, ehe er den Absprung wagte und diesen – als erfahrener Reiter und Jäger – praktisch unverletzt überstand.

Der zerstörte EX120 wurde 1931 durch EX127 ersetzt, mit dem die beiden Fahrer Ende 1931 in Montlhéry weitere Rekorde brechen konnten und am Strand von Pendine Sands in Wales bis zu 120 mph (193 km/h) schnell waren.

Die letzte Evolutionsstufe des „Magic Midget“ war EX135, der eigentlich ein MG K3-Magnette mit Kompressor und Stromlinienkarosserie war. Eyston und Major A.T. „Goldie“ Gardner erreichten damit schlussendlich Geschwindigkeiten von bis zu 203.9 mph (328 km/h).

In den folgenden Jahren wurde das Thema „kleiner Sportwagen“ bei MG über mehr oder weniger das ganze Alphabet durchdekliniert (in alphabetischer Reihenfolge und ohne Garantie für Vollständigkeit):

MG C-Type Midget (1931–1932)

Rennwagen mit dem längeren Chassis des D-Type mit 44 PS Motor und Viergan0ggetriebe. 44 Stück davon waren „Montlhéry Midget“, die nach den erfolgreichen Rekordfahrten benannt worden war, von denen einige auch ins Ausland verkauft werden konnten.

MG D-Type Midget (1931–1932)

Von der viersitzigen Version des M-Type, die mit dem 847-ccm-Motor etwas bescheiden motorisiert war, wurden rund 250 Stück gebaut – als Roadster und als „Salonette“.

MG F-Type Magna (1931–1932)

Das Chassis des MG D-Type Midget wurde um weitere 8 Zoll (20 cm) verlängert, um den Sechszylinder-Motor von Wolseley unterbringen zu können. Der Magna war das erste Großserienmodell von MG, das ein „underslung chassis“, also ein Chassis, dessen Träger unterhalb der Hinterachse verlaufen, verwendete. Mit 1.272 ccm und 37,2 PS war der MG Magna deutlich leistungsstärker – ja nach Karosserie bis zu 115 km/h – als die kleineren Vierzylinder.

Der Magna wurde vorerst als viersitziger Tourer und viersitzige Limousine angeboten und 1932 zusätzlich als zweisitziger Roadster (Magna F2). In Summe wurden 1.250 Stück gebaut.

MG J-Type (1932–1934)

Der von September 1932 bis März 1934 gebaute MG J-Type war der Nachfolger des M-Type – etwas größer (auf dem Chassis des D-Type), etwas stärker (36 PS) und daher etwas geräumiger und etwas schneller.

Der J-Type wurde in drei Versionen – J1, J2 und J3 – mit verschiedenen Karosserien angeboten. Der J1 war der Viersitzer, der als offener Roadster £ 220,– und als Salonette £ 225,– kostete. Insgesamt wurden 380 Exemplare gefertigt.

Bestseller war der J2 Midget mit 2.083 Stück, der ein traditioneller zweisitziger Roadster im Stile seines Vorgängers war. Der Experte kann M-Type und J2-Type am Türausschnitt unterscheiden. Die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 104 km/h angegeben, aber „The Autocar“ testete ein speziell präpariertes Exemplar mit stolzen 131 km/h.

In minimaler Stückzahl (22 Fahrzeuge) gebaut, war der J3 ein Rennsportwagen mit Kompressor und Bremsen aus dem Magna. Um in der 750-ccm-Klasse starten zu dürfen, war der Hubraum auf 746 ccm verkleinert.

MG K-Type Magnette (1931–1932)

Der MG K-Type Magnette wurde von Oktober 1932–1934 als Weiterentwicklung des Magna gebaut. Das Chassis – im Wesentlichen ein verstärktes Chassis des Magna – wurde für unterschiedliche Aufbauten mit Radständen von 240 cm (K2) resp. 270 cm (K1) angeboten. Der Motor war eine verkleinerte – 1.087 ccm – Version des Motors aus dem Wolseley Hornet von 1930, der mit Querstromkopf und drei SU-Vergasern auf eine Leistung von 39 PS kam (mit Kompressor im K3 sogar 120 PS).

Unter der Bezeichnung K3 wurde – auf dem kurzen Chassis – eine Rennversion mit Kompressor und Vorwahlgetriebe angeboten, die 1933 höchst erfolgreich – Klassensieg bei der Mille Miglia, Gesamtsieg bei der RAC Tourist Trophy, 4. in der Gesamtwertung bei den 24 Stunden von Le Mans – eingesetzt wurden. Zum Stückpreis von £ 795,– wurden 33 Stück an die Renngrößen der Zeit verkauft. Der K3 war vermutlich das erfolgreichste Modell von MG im Motorsport. Wenig überraschend, dass nach hartem Renneinsatz (bis in die Nachkriegszeit) kaum ein Fahrzeug auch nur halbwegs original überlebt hat. Etliche „originale“ K3 sind heute umgebaute K1 und K2 …

MG L-Type (1933–1934)

Der MG L1 Magna sollte 1933 den F-Type Magna ablösen und behielt bei vergrößertem Radstand (240 cm wie der MG K-Type) die schmale Spur von nur 106 cm bei. Nach dem bei MG resp. Nuffield üblichen Baukastensystem bekam der L1 den Sechszylinder aus dem K1 (1.086 ccm), der allerdings mehr Leistung (41 PS) als der etwas größere Motor des F-Type hatte. Was kräftig angehoben wurde, waren die Preise. Der Tourer kam auf £ 299,– und das Continental Coupé auf £ 350,–. Vom viersitzigen L1 Magna wurden 486 Stück verkauft, vom zweisitzigen L1 nur 90 Exemplare. Sportlich konnte der L-Type bei der Alpenfahrt 1933 und in Brooklands punkten.

MG N-Type Magnette (1934–1936)

Der 1934 vorgestellte NA löste den L-Type ab und war seinem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich, hatte aber ein „komplett neues“ Chassis, das sich nach hinten verbreiterte und so eine breitere Spur (und mehr Innenraum) erlaubte. Der Sechszylinder wurde von den Typen K und L übernommen, leistete dank eines optimierten Ansaugtrakts aber jetzt 56 PS. Und vor allem waren die Preise deutlich reduziert worden. Der Zweisitzer kam jetzt auf £ 220,– und der Viersitzer auf £ 240,–, was den Verkaufszahlen natürlich zuträglich war. In drei Produktionsjahren fanden 738 Fahrzeuge Abnehmer. Zum Verkaufserfolg trug wohl auch die Vielfalt der angebotenen Karosserien bei: 2- und 4-sitzige Tourer, Airline Coupé sowie Sonderkarosserien von Cresta und Allingham – auf Wunsch gerne auch in schicker Zweifarbenlackierung.

1935 wurde der NB präsentiert, der sich neben einigen Details vor allem durch die vorne angeschlagenen Türen von NA unterschied. Die Zweifarbenlackierungen hatten sich „umgedreht“ – war beim NA die dunklere Farbe oben (Motorhaube, Kotflügel und Trittbretter, Kofferraum) und die hellere Farbe unten, so hatte sich diese Anordnung beim NB umgedreht.

Zwei spezielle Fälle waren die Modelle ND und NE. Während der ND ein Fall von „Resteverwertung“ war (mit übriggebliebenen Karosserien der Baureihe K2 wurden schätzungsweise 24 Exemplare des ND montiert), war die in vermutlich noch geringerer Stückzahl gebaute Baureihe NE ein reines Wettbewerbsfahrzeug, das mit 68 PS Leistung für die Tourist Trophy 1934 gefertigt wurde.

MG P-Type (1934–1936)

Der MG P-Type war der „kleine Bruder“ des N-Type und wurde von einer aktualisierten Version des Vierzylinders – obenliegende Nockenwelle und Querstromkopf – der ursprünglich von Wolseley 1928 für den Morris Minor entworfen worden war – angetrieben. Ein unsynchronisiertes Viergang-Getriebe übertrug die Kraft auf die Hinterräder. Das Chassis wurde – verlängert und verbessert – von J-Type übernommen. Die meisten P-Types waren offene Zweisitzer, aber es wurden auch wieder Airline Coupés und offene Viersitzer angeboten, wobei das Gewicht der Viersitzer die Motorleistung etwas überforderte.

Die erste Serie, der MG PA, verfügte über einen Motor von 847 ccm, der dank dreifach gelagerter Kurbelwelle und SU-Doppelvergaser 36 PS leistete – beim Zweisitzer ausreichend 119 km/h.

Nach 1.973 Stück wurde der PA 1935 durch den PB abgelöst, dessen Motor auf 939 ccm vergrößert und auf 43 PS gestärkt worden war. Optisch unterscheiden sich die beiden Serien praktisch nur durch den Kühlergrill: Der PA hat ein klassisches Wabenmuster des Kühlers, während dieses beim PB durch vertikale Lamellen verkleidet sind.

Ehe nach 526 Exemplaren des PB die Produktion eingestellt wurde, konnte ein gewisser Andrew Hutchinson of Castledawson, County Derry mit einem ab Werk speziell präparierten MG PB (Marshall 75 Kompressor, Aero Screen, Lederriemen über der Motorhaube und eine geänderte Übersetzung der Hinterachse) 1936 den Grand Prix von Limerick gewinnen. Mr. Hutchinson setzte den Wagen auch bei anderen Rennen ein und konnte einige Erfolge erringen. Bemerkenswerterweise hat der Wagen bis heute überlebt und wurde vor einigen Jahren bei „Godin Sporting Cars & Motorcycles“ verkauft.

MG Q-Type (1934)

Der MG Q-Type blieb eine Fußnote unserer Geschichte. Der ausschließlich 1934 gebaute Q-Type war ein reiner Rennwagen auf dem Chassis des K3 Magnette. Der Motor stammte aus dem P-Type, dessen Hubraum durch eine andere Kurbelwelle auf 746 ccm reduziert worden war. In der Kurzstreckenversion leistete der Motor mit Kompressor 146 PS, was einer Literleistung von fast 200 PS entsprach – 1934 eine Weltbestleistung. Der hohe Preis von bis zu £ 650,– und die Starrachsen, die der Motorleistung in keiner Weise gerecht wurden, schränkten den Kundenkreis auf acht (oder vielleicht auch neun) gebauten Exemplaren ein.

In Brookland erreicht George Harvey-Noble mit einem Einsitzer einen Rundenschnitt von 195 km/h. Der Zweisitzer kam auf „nur“ 192 km/h.

MG R-Type (1935)

Zehnmal wurde der letzte Rennwagen aus der Reihe der MG-Midget dieser Epoche gebaut. Der R-Type war die Weiterentwicklung des Q-Type, in dem der kleine Vierzylinder dank eines Zoller-Kompressors auf 110 PS bei 7.200 U/min kam.

Mit einem speziellen, extrem leichten Chassis hatte der R-Type als erster MG (und vielleicht als erster britischer Wagen überhaupt) für alle vier Räder Einzelradaufhängung. Der Neupreis lag bei astronomischen £ 750,– und die sportlichen Erfolge blieben bescheiden. Der erste große Auftritt – sechs Wagen waren bei der International Trophy in Brooklands am Start – endete mit einem mageren 6. Platz.

Alle Lösungsvorschläge kamen nicht mehr zur Verwirklichung, denn der neue „Herr im Haus“, Leonard Lord, schloss die Rennabteilung von MG und die Werkswagen wurden verkauft. Privatfahrer setzten den R-Type noch gelegentlich ein.

Neuer Wein in alten Schläuchen

Mitte der 1930er-Jahre war Abingdon auf Umbruch gepolt. MG war mit dem immer weiter entwickelten Midget auf den Rennstrecken und den Trialpisten der Zeit erfolgreich unterwegs, und wir haben ja gelernt, dass Erfolge im Motorsport die beste Werbung für eine Automarke sind – aber offenbar nicht für MG. Von einem Verkaufshoch von 2.400 Fahrzeugen im Jahre 1932 ging es bergab, und bis 1935 hatten sich die Verkaufszahlen halbiert. Das einzige was bergauf ging, waren die Preise – und das in einer Zeit, in der andere Hersteller (dank Rationalisierungsmaßnahmen, die bei MG nicht zum Tragen kamen) von Jahr zu Jahr billiger wurden. Trotz gestiegener Preise schrieb MG rote Zahlen …

Ein anderes Problem war die geänderte Firmenstruktur und ein gewisser Leonard Lord. Leonard Lord wurde 1896 geboren, arbeitete für Vickers und Daimler, ehe er 1923 bei der Morris Motors Limited begann. Lord erwarb sich bei Morris Verdienste um die Modernisierung und Rationalisierung der Produktion und wurde 1932 zum „General Manager“ und 1934 zum „Managing Director“ bei Morris befördert.

William Morris war 1929 zum „Baronet, of Nuffield in the County of Oxford“ ernannt worden und 1934 zum „Baron Nuffield, of Nuffield in the County of Oxford“ und damit Mitglied des Oberhauses. 1938 wurde er sogar „Viscount Nuffield, of Nuffield in the County of Oxford“.

Wir erinnern uns vielleicht, dass die „Morris Garages“, MG und ein paar weitere Firmen persönlicher Besitz von William Morris (wir wollen ihn respektlos weiterhin so nennen) waren, während „Morris Motors Limited“ eine Aktiengesellschaft war, an der Herr Morris „nur“ die Mehrheit hielt.

1934 ließ sich William Morris dazu überreden/davon überzeugen, all seine Firmen in die „Nuffields Group“ zusammenzufassen und im Juli 1935 wurden MG und Wolseley in die Firmenstruktur eingebunden und das selbstständige Designbüro von MG (in Abingdon) wurde mit dem Nuffield-Designbüro (in Cowley) zusammengelegt.

Leonard Lord war damit sozusagen zum Chef von Cecil Kimber geworden und hatte für diesen gleich mehrere schlechte Nachrichten: Rennabteilung und Designbüro in Abingdon würden geschlossen, die Produktion des Wolseley-Motors würde eingestellt und eigentlich wollte Lord die (verlustbringende) Marke MG überhaupt einstellen …

Letzteres konnte abgewendet werden, aber die anderen „Probleme“ blieben. Cecil Kimber und sein Chefdesigner H. N. Charles standen vor der Aufgabe, binnen kurzer Zeit einen komplett neuen Sportwagen auf die Beine zu stellen – mit neuem Chassis, mit neuem Motor, als Ersatz/Nachfolger für die bisherigen Vierzylinder- als auch Sechszylinder-Modelle und vor allem preisgünstig und rasch.

Der „neue“ Motor musste natürlich aus dem Fundus der Nuffield Group stammen, und glücklicherweise wurden die beiden bei Wolseley fündig, wo ein Vierzylinder mit obenliegenden Ventilen und einem Hubraum von 1.292 ccm kurz vor der Fertigstellung stand. Basis für den „neuen“ Motor war der „gute, alte“ Morris-Motor, der 1919 im Morris Cowley seinen Dienst begonnen hatte.

Dieser neue Motor (vielleicht sprechen wir lieber von einer neuen Version) sollte im Wolseley 10/40 im Frühjahr 1936 sein Debüt haben. Die Basisversion im Wolseley leistete 41 PS bei 4.200 U/min und in der Version von MG – mit Doppelvergaser, optimierter Nockenwelle und Ansaugkrümmer – stolze 50 PS bei 4.500 U/min. Mit dem Motor kam auch das zugehörige Viergang-Getriebe, dem Charles enger abgestufte Gänge verpassen durfte.

Neuer Wein, der Erste: MG TA (1947–1939)

In der zweiten Häfte des Jahres 1935 wurde aus dem Paket allmählich ein ganzes Auto, das als MG T-Type Midget in die Geschichte eingehen sollte. Der neue T-Type (rückblickend als TA bezeichnet) sah schick aus, war durchaus flott und preiswert, aber Cimber und seine Mitstreiter waren damit nicht so recht glücklich. Und auch die hartgesottenen MG-Liebhaber riefen zum ersten Mal „das Ende von MG“ aus – die meisten „Normalsterblichen“ konnten mit freiem Auge den TA nicht von seinen Vorgängern unterscheiden, aber die Experten wussten natürlich ganz genau, dass ohne die traditionelle obenliegende Nockenwelle das niemals ein „echter MG“ werden konnte …*

Die Entwicklung des MG TA von den ersten Plänen bis zur Auslieferung des ersten Wagens dauerte gerade einmal ein Jahr. Konstrukteur Charles orientierte sich beim Entwurf soweit wie möglich am letzten Midget PA. Das neue Chassis war simpel, die Karosserie – vorerst wurde der MG TA ausschließlich als offener Zweisitzer angeboten – einfach zu fertigen und Motor und Getriebe wurden von Wolseley übernommen.

Der TA war im Vergleich zu seinem Vorgänger gewachsen – Radstand plus 17 cm, Gesamtlänge: plus 22 cm – was den Insassen mehr Raum (7 cm breiteren Innenraum und 10 cm mehr Kopffreiheit bei geschlossenem Dach) verschaffte. Der einfache Rahmen war „underslung“, das heißt, er verlief unterhalb der Hinterachse. Aus Zeit- und Kostengründen hatte man auf Einzelradaufhängung verzichtet und die Starrachsen des PB übernommen. Lediglich die Stoßdämpfer waren von Reibungsstoßdämpfern hydraulisch „upgraded“ worden. Als erster Midget hatte der TA hydraulische Bremsen.

Die Karosserie war sowohl optisch als auch technisch – einfach geformte Blechteile über einem Rahmen aus Eschenholz – vom PB übernommen worden. Der Kühlergrill bestand – wie beim PB eingeführt – aus vertikalen Lamellen.

Bei der Präsentation im Sommer 1936 hielten alle Beteiligten den Atem an, aber außer den traditionellen Raunzern resp. raunzenden Traditionalisten waren alle – Motorpresse und Publikum – durchaus beeindruckt: größer, schwerer und schneller, leider auch eine Steuerklasse (Ten statt Nine) höher, aber um £ 222,– zum exakt gleichen Preis wie der PB.

In seinem Produktionsleben wurde der MG TA immer wieder kleineren Verbesserungen unterzogen. Ende 1937, nach gut 1.500 gebauten Exemplaren, bekam der TA etwas breitere hintere Kotflügeln, für die der Tank ein wenig verkleinert werden musste, und einen neuen Typ von Speichenrädern.

Mit der Präsentation der Modellpalette für 1939 wurde eine neue Karosserie vorgestellt, ein zweisitziges, sehr elegantes Drophead Coupé, das vom Karosseriebauer Tickford in Newport Pagnell gebaut wurde. Höherer Preis und nur mehr eine kurze (Rest-)Produktionszeit für den TA ergaben eine äußerst geringe Stückzahl.

Wenig Wein im zweiten Schlauch: MG TB (1939–1940)

Die Motorenentwickler der Nuffield Group in Coventry waren unterdessen nicht untätig gewesen und hatten einen komplett neuen Motor für die kommenden Modelle Morris 10 Series M und Wolseley 10 Series E entwickelt. Der unter der internen Code XPJM laufende Motor war kompakter und moderner als der Vorgänger. Der Hubraum betrug 1.140 ccm und auch das damit verbundene Getriebe war überarbeitet und neuerdings waren 4., 3. und sogar der 2. Gang synchronisiert.

Ende 1938/Anfang 1939 wurde der XPJM-Motor auf 1.250 ccm vergrößert, was die Leistung auf 54 PS erhöhte, und der neue Motor bekam den Code XPAG. Ende April 1939 wurden die letzten der 3.003 MG TA fertiggestellt und in Abingdon ging man nahtlos zur Produktion des MG TB mit XPAG-Motor und neu übersetztem Getriebe und Hinterachse über. Den Käufern wurde der neue Motor vorerst nicht kommuniziert und auch optisch war das „neue“ Modell kaum erkennbar. Im Mai 1939 wurde der Verkaufspreis um bescheidene drei Pfund auf £ 225,– erhöht.

Ironischerweise war den Käufern des TB gar nicht bewusst, dass sie ein neues Modell gekauft hatten, denn die Produktpalette 1940 – mit dem neuen TB – wurde erst kurz nach Kriegsbeginn (und damit fast gleichzeitig mit dem Ende der zivilen Produktion) präsentiert. In nur vier Monaten wurden nur 378 TBs gebaut, was diesen Typ zur mit Abstand seltensten Baureihe der T-Series macht.

Sechs lange Kriegsjahre waren die Firmen der Nuffield Group damit beschäftigt, Kriegsmaterial – von der Patrone bis zum Panzer – zu fertigen. 1941 verließ Cecil Kimber im Streit die Firma, was aber nichts mit MG, sondern mit Details der Kriegsproduktion zu tun hatte. Kriegsende und Wiederaufnahme der Automobilproduktion sollte Kimber nicht mehr miterleben, denn er kam im Alter von nur 56 Jahren im Februar 1945 bei einem Zugunglück ums Leben.

Viel Wein im dritten Schlauch: MG TC (1945–1950)

Mit H.A. Ryder, der nach dem Abgang von Kimber von „Morris Radiator“ zu MG geholt wurde, hatte die Firma Glück im Unglück, denn Mr. Ryder verstand sich nicht nur auf Anhieb gut mit der Belegschaft, sondern war auch 1945 die treibende Kraft für eine rasche Wiederaufnahme der Automobilproduktion. Der allgegenwärtige Mangel an Material schloss die Fertigung von Limousinen vorerst aus, und so stand der T-Type ganz oben auf Mr. Ryders To-do-Liste.

Trotz „Austerity“ und Zeitdruck entschloss man sich, den MG TB zu überarbeiten. Um mit der schlechten Benzinqualität zurecht zu kommen, wurde die Kompression reduziert, sodass das Nachkriegsmodell etwas langsamer war. Wichtigste (und aufwendigste) Änderung war die Verbreiterung der Fahrgastzelle um 10 cm, womit der Roadster einen exakt gleich großen Innenraum wie das Tickford Cabrio hatte. Statt zwei 6-Volt-Batterien, die hinter den Sitzen und vor der Hinterachse „versteckt“ waren, befand sich jetzt eine leicht zugängliche 12-Volt-Batterie im Motorraum.

Kleinere Modifikationen am Fahrwerk und neue Stoßdämpfer verbesserten das Fahrverhalten. Unverändert blieben hingegen die großen, schmalen Reifen der Dimension 4,50 x 19 auf – für heutige Begriffe unglaublich schmalen – Felgen der Dimension 2,5 x 19.

Die Fahrleistungen (eine Spitze von 128 km/h und eine Beschleunigung von 0–80 mph in 23 Sekunden) waren eine deutlich merkbare Verbesserung gegenüber dem Vorgänger.

Dramatisch hatte sich der Preis entwickelt: Kostete der letzte MG TB vor dem Krieg £ 225,–, so kam der MG TC jetzt auf £ 375,– zuzüglich(!) £ 105,– „purchase tax“, eine neu eingeführte – und bei den Autokäufern verhasste – Kaufsteuer auf Automobile, die helfen sollte, die Kriegsschulden zu tilgen.

Aber die „purchase tax“ war nicht das einzige Problem der Briten. In sechs Kriegsjahren hatte die USA im Rahmen des Lend-Lease Act (Leih- und Pachtgesetz) meist militärische Güter im Wert von gut 31 Mrd. US$ an Großbritannien geliefert, die jetzt – nach Kriegsende – bezahlt werden wollten.

Trotz aller Probleme – von den Rohstoffen bis zu den ausgebildeten Mitarbeitern – konnten bis Ende 1945 81 MG TC fertiggestellt werden. 1946 waren es bereits 1.675 Exemplare und damit stellte der MG TC schon im zweiten Produktionsjahr einen Rekord auf, den bisher der MG PA mit rund 1.100 Exemplaren im Jahre 1935 gehalten hatte.

„Export or Die!“ war ein vielfach verwendeter Slogan, der vermutlich vom Magazin „The Ambassador“ von Elsbeth und Hans Juda geprägt wurde. Damit waren Firmen gezwungen, ihre Waren – vor allem in die USA – zu exportieren, wenn sie rationiertes Rohmaterial beziehen wollten.

Von den 1946 produzierten MG TC gingen nicht weniger als 638 in den Export in alle Welt, aber vor allem in Länder der Empires wie Australien oder Indian und andere Länder mit Linksverkehr, denn bis dahin waren alle MG rechts gesteuert und für den Linksverkehr ausgelegt.

Viele in England und Europa stationierte amerikanische Soldaten hatten den kleinen Roadster zu schätzen gelernt und viele nahmen den Wagen mit heim in die Vereinigten Staaten. Aber wenn MG den TC in größerer Stückzahl in die USA exportieren wollte, so mussten sie sich früher oder später an den Rechtsverkehr und die dort üblichen Vorschriften (z. B. Sealed Beam-Scheinwerfer, Blinker, größere Rücklichter, Stoßstangen, …) anpassen. 1947 gingen ganze sechs(!) Stück in die USA (zumindest offiziell, Privat- und Grauimporte sind nicht dokumentiert). 1948 kam die Produktion von „federalized“ – also an die amerikanischen Vorschriften angepassten – MG allmählich in Schwung, auch wenn diese nach wie vor rechtsgesteuert waren. Als der erste offiziell exportierte US-TD gilt Chassisnummer 7380, der im Dezember 1948 ausgeliefert wurde. Bis zur Produktionseinstellung 1950 gingen von mehr als 10.000 produzierten MG TD trotzdem nur rund ein Fünftel in den weltgrößten Automobilmarkt.

Der Bestseller im vierten Schlauch: MG TD (1950–1953)

Während der MG TC auf der Erfolgswelle dahinschwamm, also in den Jahren 1948 und 1949, war den Verantwortlichen klar, dass „sehr demnächst“ ein Nachfolger angeboten werden musste. Der Mitbewerb kam mit seinen ersten echten Nachkriegsmodellen heraus – Porsche 356, 1948; Triumph Roadster, 1946; Ferrari 166, 1948; Jaguar XK 120, 1948; … – und MG hatte zwar einen Treuebonus bei seinen Kunden, aber konnte auch nicht ewig mit einer im wesentlichen Vorkriegskonstruktion weiter machen.

Auch war klar, dass die „Spenderfahrzeuge“ von Morris und Wolseley irgendwann abgelöst würden und ein alter Motor nicht wegen sagen wir mal 2.000 MG weitergebaut werden konnte.

In Cowley und Abingdon entstanden Skizzen, Modelle und sogar lebensgroße „Mock-Ups“ von modernerem, aber oft fragwürdigem Aussehen. Jack Tatlow, ein ehemaliger Manager von Riley, nahm mit seinem Team die Sache in die Hand und „bastelte“ binnen zwei Wochen – ohne eine einzige Konstruktionszeichnung – die Karosserie und den Motor eines MG TC auf das Chassic eines MG YA. Fertig war der Prototyp des MG TD!

Der MG YA hatte auch all die „Goodies“, die das neue Modell haben sollte: Einen massiven und torsionssteifen Rahmen, vordere Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern (die von keinem Geringeren als Alec Issigonis entworfen worden war), eine präzise Zahnstangenlenkung, 15-Zoll-Scheibenräder, eine um 12 cm breitere Spur und – nicht zuletzt – die Möglichkeit einer Linkslenkung.

Der „Bastel-Prototyp“ wurde nach Cowley transportiert und dort in der Designabteilung gründlich durchkonstruiert, wobei erstaunlich viele Features erhalten blieben. Mit Blick auf den amerikanischen Markt bekam der MG TD serienmäßig verchromte Stoßstangen. Mit den kleineren Rädern und der breiteren Spur bot der TD trotz der traditionellen Karosserie – obwohl kein einziges Blechteil ident war – einen moderneren und sportlicheren Eindruck.

Die Leistung des XPAG-Motors war nach wie vor mit 54 PS angegeben. Dank der kleineren Räder war er kürzer übersetzt und (fast) genauso agil wie der etwas leichtere TC.

Und die Kunden gaben den Überlegungen recht. In seinem besten Jahr (1948) wurden vom TC 3.085 Exemplare gebaut. Der TD kam bereits in seinem ersten Jahr auf 4.767, 1951 auf 7.451 und 1952 auf 10.838 Stück. Damit waren vom TD in einem Jahr mehr Fahrzeuge gebaut worden, als von TC – dem bisherigen Bestseller – in vier Jahren.

Mit dem MG TD begann die Erfolgswelle der britischen Sportwagen in den USA so richtig. Leidtragend waren die britischen Kunden, für die es zunehmend schwerer wurde, ein Exemplar zu ergattern. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Es war nicht nur das großartige Produkt und die geniale Verkaufsmannschaft, die den TD in so großer Stückzahl in die Vereinigten Staaten verkaufte. Es war auch der Preis.

Am Heimatmarkt hatte der TC zuletzt £ 412,50 gekostet, und der TD kam 1950 auf £ 445,–. In den USA hingegen war der TC auf US$ 2.395,– gekommen, und der TD konnte 1950 um US$ 1.850,– angeboten werden. Wie dieses? Die britische Regierung hatte den Wechselkurs des Pfunds zum Dollar zur Exportförderung ordentlich gedrückt – ein Pfund notierte davor mit US$ 4,03 und danach nur mehr mit US$ 2,80.

Die Puristen waren mit dem TD natürlich nicht glücklich und kritisierten die „hässlichen“ Stoßstangen und die „schrecklichen“ Scheibenräder.

„The Motor“ testete den MG 1952 und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 123 km/h und eine Beschleunigung von 18,2 Sekunden von 0–100 km/h. Der Durchschnittsverbrauch lag bei 10,6 Liter/100 km.

Auch der TD wurde im Laufe seines Produktionslebens kontinuierlich verbessert. Die „schrecklichen“ Scheibenräder wurden bereits im Laufe des Jahres 1950 durch etwas hübschere, gelochte Scheibenräder ersetzt – zuerst für die Exportmodelle, aber ab Ende des Jahres für alle ausgelieferten TD. Viel später im Jahre 1952 wurden – zumindest theoretisch – auch Speichenräder angeboten, ein Feature das nicht groß beworben wurde und daher weitgehend unbemerkt bleiben sollte. Kleinere Änderungen an Chassis, Fahrwerk und Motor flossen im Laufe der Zeit in die Produktion ein.

Der 31. März 1952 war wieder ein Schicksalstag für MG, denn „Mutter“ Morris und deren Erzkonkurrent Austin wurden zur British Motor Holding fusioniert. Unter der neuen „Herrschaft“ wurden am MG TD – zu unterschiedlichen Zeitpunkten – kleine Änderungen wie Rücklichter, Blinker, Scheibenwischer, … eingeführt.

Ab 1950 wurde – parallel zum normalen TD ein MG TD Mk 2 eingeführt, dessen Motor dank höherer Verdichtung 57 PS lieferte. Doppelte Benzinpumpen, verbesserte Stoßdämpfer und eine längere Hinterachsübersetzung vervollständigten das Paket, das rund 1.700 mal gebaut wurde. Von fast 30.000 MG TD gingen 23.488 in die USA und nur 1.656 blieben in Großbritannien. Der MG TD war auch die Basis für einige Sonderkarosserien.

Der letzte Schluck

1952 war das erfolgreichste Jahr für den MG TD, aber Konkurrenten wie der Austin-Healey 100 oder der Triumph TR2 waren moderner, schneller und wurden zu attraktiven Preisen angeboten. Hinter den Kulissen „scharrte bereits der Nachfolger mit den Reifen“.

Schon 1951 war beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans George Phillips, Photograph der Zeitschrift „Autosport“ auf einem MG TD mit von Syd Enever, Hausdesigner von MG, entworfener stromlinienförmiger Spezialkarosserie am Start. Das Training des als MG EX172 bezeichneten Wagens begann mit einer Spitze von 186 km/h und einem Rundenschnitt von 130 km/h vielversprechend. Im Rennen fiel der Wagen nach zwei Stunden mit Motorschaden aus.

Syd Enever und sein Chef John Thornley griffen die Idee wieder auf und setzten ein neu entwickeltes Chassis (in dem der zu hoch aufragende Sitz jetzt tiefer montiert werden konnte) unter die Le Mans-Karosserie – fertig war der EX175, der ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für einen Nachfolger des MG TD gewesen wäre. Gewesen wäre, denn nach der Fusion zur BMH hatte der Austin Healey Priorität …

Für MG blieb lediglich ein „Facelift“ für den MG TD – ein nach hinten geneigter Kühlergrill, in die Kotflügel integrierte Scheinwerfer. Unter dem bescheiden geänderten Karosseriekleid befanden sich praktisch unverändert das Chassis und der Motor des MG TD mit dem leistungsgesteigerten Motor des MG TD Mk 2 – fertig war der MG TF – zu minimalen Kosten und rechtzeitig zur Earls Court Motor Show im Oktober 1953.

Moment, mag an dieser Stelle der aufmerksame Leser einwerfen: Nach dem Buchstaben „D“ kommt doch „E“. Warum schreiben wir hier vom MG TF? Ein Druckfehler?

Nein kein Druckfehler, aber ein Automobil namens „TE“ – im Englischen als „Te E“ („Ti I“) ausgesprochen, würde wohl sicher bald den Spitznamen „Tee-Hee“ bekommen, was in etwa für „Ätsch!“ oder „HiHi!“ stand. OK, kein guter Name, also wurde der „TE“ übersprungen und der MG TF war endgültig beschlossene Sache.

Die Passagierkabine samt den Türen wurde unverändert übernommen (wieder Kosten für den Werkzeugbau gespart); lediglich der geneigte Kühlergrill erstmals ein funktionsloser Zierteil, denn der Kühler saß dahinter und neue Kotflügeln mit darin integrierten Scheinwerfern waren neu. Mit einfachen Mitteln war eine optisch ansprechende Lösung gefunden, die alle, außer den traditionell raunzenden Traditionalisten und den Mechanikern, die am Motor arbeiten mussten, zufrieden stellte. Der Zugang zum Motor hatte sich dramatisch verschlechtert. Am hinteren Ende war das Heck mit geschwungenen Kotflügeln und einem stärker geneigten Tank dem Styling der Front angepasst. Länge und Breite waren dabei um jeweils ein paar Zentimeter gewachsen.

Die Sitze waren erstmals einzeln verschiebbar und Blinker waren bei allen Modellen serienmäßig. Beim TD hatte es diese nur für den amerikanischen Markt gegeben.

Das Hauptproblem des MG TF war – außer bei den ganz hartnäckigen Traditionalisten – nicht das Aussehen und auch nicht der Preis (in den USA um US$ 135,– teurer als der TD und in England ein Plus von £ 20,–), sondern die Fahrleistungen. Sowohl der hausinterne Konkurrent, der Austin-Healey 100 als auch der Triumph TR2 erreichten die magische 100 mph-Marke – beim MG TF war bei knapp über 80 Meilen Schluss.

Zum Glück gab es den auf 1.466 ccm vergrößerten Motor mit dem Code XPEG, der im Sommer 1954 im MG EX179 verwendet worden war.

Den Rennmotor für die Serienproduktion und den Straßenbetrieb zu „zivilisieren“, war ein gewisser Aufwand, aber die Motorenentwickler bei Morris konnten alle Probleme lösen, und ab Herbst entstanden in Abingdon – parallel zum TF 1250 – die ersten MG TF 1500. Der TF 1500 war ausschließlich dem amerikanischen Markt vorbehalten, aber der vergrößerte Motor konnte an der unbefriedigenden Situation wenig ändern. „Road & Track“ testete den MG TF 1500 mit 85,4 mph (138 km/h) – eine Spur schneller als der TF 1250, aber weit entfernt vom Triumph TR2, der zum neuen Liebling der Amerikaner avancierte.

„Es gibt nichts Schlechtes, an dem nicht auch etwas Gutes ist!“, sagt ein griechisches Sprichwort und die Probleme, die MG in den Jahren seit der Fusion hatte, veranlasste Leonard Lord dazu, MG wieder die Unabhängigkeit früherer Jahre zu geben, womit der Entwicklung des MG A nichts mehr im Wege stand. Vom MG TF wurden zwischen Oktober 1953 und Mai 1955 6.300 TF 1250 und 3.400 TF 1500 gebaut. Als im Mai 1955 der letzte MG TF 1500 aus der Halle in Abingdon rollte, gingen 19 Jahre MG T-Series zu Ende.

1955 kam der MG A auf den Markt, der seinerseits 1962 durch den MG B abgelöst wurde, aber das ist eine andere Geschichte resp. das sind andere Geschichten.

Das Thema MG wurde in Austro Classic in den letzten Jahrzehnten mehrfach behandelt:

MG A: Austro Classic 2021/05
MG B: Austro Classic 1992/04
MG Midget: Austro Classic 2011/05
MG Nachkriegslimousinen: Austro Classic 2014/04

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