Piper PA-18 Super Cub

Autor: Jürgen Schelling


Der fliegende Alleskönner seit 75 Jahren

Wenn irgendwo an einem österreichischen Flugplatz Piloten gefragt werden, was eine Piper PA-18 so besonders macht, dann nennen sie vor allem deren Vielseitigkeit: Der Zweisitzer mit Kultstatus fliegt etwa auf Schwimmern als Wasserflugzeug auf dem Wolfgangsee. Mit Skikufen wiederum geht’s beispielsweise von Innsbruck aus mitten auf einen Gletscherlandeplatz in den Alpen. An Flugplätzen wie Wels dient die PA-18 wiederum zum Schleppen von Segelflugzeugen. Und in Wiener Neustadt oder Linz wie auch an etlichen anderen österreichischen Plätzen bekommen künftige Piloten auf der Cub das Fliegen beigebracht. Entweder von Grund auf oder als sogenanntes Tailwheel-Rating, also dem Umsteigen bereits routinierter Piloten auf Spornradflugzeuge. Zum Flugbanner schleppen ist eine PA-18 ebenfalls prädestiniert. Sogar als Sprühflugzeug für die Landwirtschaft gibt es eine spezielle Version. Und manchmal werden mithilfe einer PA-18 auch Starenschwärme in Österreich verscheucht.

Cub bedeutet im amerikanischen Sprachgebrauch ein Bärenjunges. Warum das Flugzeug zu diesem Namen kam, ist nicht genau zu klären. Die Cub, also das fliegende Bärchen des US-Flugzeugbauers Piper, hat jedenfalls eine weltweite Fangemeinde mit besonders großer Anhängerschaft in der Schweiz. Entstanden in ihrer Urform bereits Anfang der 1930er-Jahre, liefen ab 1938 erste Vorgänger, die ebenfalls zweisitzige Piper J-3 Cub in den Vereinigten Staaten vom Band. Diese Hochdecker waren meist von Boxermotoren angetrieben. Deren Zylinder standen frei im Fahrtwind und konnten so bestens von der Luft gekühlt werden.

Im Laufe der kommenden Jahre wurde das Konzept immer weiter modifiziert und verbessert. So entstand vor 75 Jahren schließlich die PA-18 Super Cub. Ihr Erstflug fand 1949 statt. Anders als die J-3 hat sie den Tank nicht vorne im Rumpf, sondern je nach Version in einer oder beiden Tragflächen eingebaut. Die vier Zylinder des Boxermotors stehen bei der Super Cub auch nicht mehr frei im Fahrtwind, sondern sitzen geschützt unter eine Motorhaube. In den stärkeren Versionen der PA-18 freut sich der Pilot nun über mechanisch ausfahrbare Landeklappen. Damit kann die Runway steiler angeflogen werden als in der J-3, zudem verkürzt sich mit ihrer Hilfe auch die nötige Startrollstrecke. Die deutlichste Veränderung ist aber eine massive PS-Kur: Anders als die relativ schwachbrüstigen 40 bis 65 PS starken J-3 sind Super Cubs im Vergleich regelrechte Kraftprotze. Zwischen 95 und 150 Pferdestärken leisten ihre Motoren je nach Version. Dort, wo in Austria besonders viel Power benötigt wird, also etwa beim Wasserflug oder zum Gebirgsfliegen, tunen Cub-Piloten ihre Piper auch gerne mal mit 180 PS starken Triebwerken.

Egal aber mit welcher Motorisierung, die PA-18 Super Cub ist immer ein sogenannter STOL-Flieger. Das ist die Abkürzung für Short Takeoff and Landing und bedeutet Kurzstart- und Landefähigkeit. Meist nicht viel mehr als 100 Meter Rollstrecke brauchen die stärkeren Varianten des Spornradflugzeugs zum Abheben. Landen klappt mit etwas Gegenwind sogar auf noch kürzere Distanz. Kein Wunder also, dass auch die Salzburger Flying Bulls PA-18 in ihrer Flotte haben und hatten.

Anders als bei den meisten Flugzeugen sitzen maximal zwei Super Cub-Flieger auch nicht nebeneinander, sondern hintereinander. So hat der Pilot perfekte Sicht nach allen Seiten. Gleichzeitig ist die Maschine bei Bedarf ein fliegendes Cabrio. Denn während des Flugs ist es möglich, die zweigeteilte Einstiegstüre auf- und zuzuklappen. So kommt zwar nicht von oben, aber zumindest von der Seite jede Menge Luft ins Cockpit. Als Bonus gibt’s in diesem Flugmodus einen völlig ungestörten Blick der Crew nach unten auf die Landschaft. Daher lieben besonders Luftbildfotografen die Maschine. Derart geruhsam und mit tollem Blick am Himmel unterwegs zu sein, ist ein Erlebnis für alle Sinne.

Die Super Cub ist neben der Cessna 172 und der Beechcraft Bonanza die Einmotorige mit der längsten Produktionsdauer. Und sie war über fast fünf Jahrzehnte Bauzeit auch deshalb so erfolgreich, weil sie hervorragende Flugeigenschaften besitzt. So liegt sie eigenstabil in der Luft und ist gutmütig zu fliegen. Auch beim absichtlich herbeigeführten Strömungsabriss im Pilotentraining gibt sie sich nicht zickig, sondern reagiert im Abkippen vorhersehbar. Zudem kann sie sehr langsam unterwegs sein. Erst bei weniger als 70 km/h reicht der Auftrieb nicht mehr zum Fliegen aus. Zumindest für Rechtshänder passt auch die Ergonomie mit dem Steuerknüppel in der rechten Hand und der Linken am Gas bestens. Der am Kabinenboden angebrachte Hebel für das Ausfahren der Landeklappen ist leicht zu betätigen. Alles in der Super Cub lässt sich intuitiv bedienen. Damit ist sie auch hervorragend für die Ausbildung von Spornrad-Piloten geeignet.

Durch ein robustes Stahlrohrgerüst für den Rumpf und die stoffbespannten Tragflächen mit Aluminiumrippen, das Ganze nennt sich Rohr-Tuch-Bauweise, kann eine PA-18 zudem einfach repariert werden. Das ist wichtig beim Einsatz als Buschflugzeug. Denn etwa in Kanada und Alaska landen Buschpiloten ihre Super Cub gerne auf Sandbänken von Flüssen oder überall in der Natur, wo rund 150 Meter hindernisfreie Fläche zu finden sind. Im nördlichen Teil der USA und Kanada besteht zudem kein Flugplatzzwang wie etwa in Mitteleuropa – PA-18-Piloten landen dort einfach und völlig legal mitten in der Wildnis. In Österreich und im ganzen Alpenraum ist zumindest ein Teil dieser Fliegerfreiheit auf den offiziell zugelassenen Gebirgslandeplätzen mit der PA-18 zu erleben.

Cub-Piloten und Halter empfinden sich als eine Art internationale Fliegerfamilie. Österreicher, Schweizer, Deutsche, Italiener, Franzosen, Belgier, selbst Skandinavier und Briten nehmen am jährlich stattfindenden Cub-Meeting teil. Das Treffen findet seit 1984 jedes Jahr an wechselnden Flugplätzen in den drei deutschsprachigen Ländern statt. Etliche Piloten, unter ihnen erstaunlich viele Airliner-Flugkapitäne, sind bereits seit Jahrzehnten mit dabei.

Bei aller Begeisterung für die vielfältigen Qualitäten der PA-18: hohe Geschwindigkeit gehört nicht zu ihren Vorzügen. Angesichts vieler Verstrebungen und recht dicker Tragflächen ist sie eher ein Schleicher der Lüfte. Bei Triebwerken von 95 PS zu Beginn der PA-18-Baureihe im Jahr 1949 und maximal 150 PS der späteren Versionen sind gemütliche Tempi zwischen 140 und 180 Kilometer in der Stunde angesagt. Dabei laufen etwa 30 bis 35 Liter verbleites Flugbenzin, sogenanntes Avgas, je Stunde durch die Vergaser des Lycoming- oder Continental-Vierzylinders. Mittlerweile dürfen die meisten PA-18-Versionen aber auch mit unverbleitem Autokraftstoff betrieben werden.

Neben vielen auf Besser-wie-neu-Zustand restaurierten Exemplaren gibt es in Österreich heute auch fabrikneue PA-18 zu sehen – allerdings stammen diese nicht mehr von Piper. Denn gleich mehrere Firmen bauen Zweisitzer nach Cub-Vorbild, die wie ein Klon des Originals erscheinen. Sie sind aber zumeist deutlich stärker motorisiert wie frühere PA-18-Modelle und zur Gewichtsersparnis oft mit Carbonteilen ausgerüstet. Denn Hersteller Piper Aircraft zog sich bereits Mitte der 1990er-Jahre aus der Produktion zurück. Da der Bau einer stoffbespannten Super Cub viel aufwändige Handarbeit erfordert, war die Fertigung für den Flugzeugbauer unrentabel geworden. Der robuste Hochdecker wurde von Piper aber immerhin in einer Stückzahl von mehr als 10.000 Exemplaren von 1949 zunächst bis 1984 in Lock Haven im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvenia und ab 1987 im neuen Werk Vero Beach in Florida bis 1994 gebaut. Zuletzt gab es die Super Cub aus Kostengründen auch nicht mehr als Fertigflugzeug, sondern nur noch als Bausatz für Flugzeug-Selbstbauer.

Ihrem Status als Kultflugzeug seit einem Dreivierteljahrhundert in Austria hat das nicht geschadet. Denn Cub-Fliegen bedeutet für viele österreichische Piloten: Der Weg ist das Ziel! Im Sommer bei Hitze bleibt die zweigeteilte Einstiegsklappe während des Flugs einfach offen. Das kostet zwar ein bisschen Geschwindigkeit, sorgt aber für frische Luft und angenehme Temperatur im Cockpit. Im Winter wiederum bleibt die Türe geschlossen und die eingebaute Heizung sorgt bei Alpenflügen schon nach kurzer Zeit für wohlige Wärme. So ist der Oldie sowohl ganzjahres- als auch gletscherflugtauglich.

Geflogen wird eine PA-18 allerdings immer im Sichtflug. Für Instrumentenflüge etwa in Wolken ist sie weder gedacht noch zugelassen. „Low and slow“, also langsam und tief über die Landschaft tuckern, das ist seit 75 Jahren ihre wirkliche Bestimmung.

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