Autotransporter

Autor: Martin Winterle


Diesen Artikel hätte ich eigentlich mit 15 Jahren auch schon schreiben können. Zeit dazu hätte ich genug gehabt und Fantasie auch.

Gegen Ende Juni konnte es in Innsbruck schon drückend heiß werden. An solchen Tagen schmeckte mir die vierte Klasse Hauptschule nicht immer. So beschloss ich, mit dem Steyr Waffenrad meines Großvaters, statt in die Schule auf den Berg Isel zu fahren. Bergwärts war das schwere Gefährt natürlich zu schieben. Nachdem der riesige Besucherraum, der damals noch fast neuen Sprungschanze umrundet war, ging es fast eben weiter zur Brennerstraße. Beim Sonnenburgerhof überquerte ich diese und fuhr im kühlen Schatten alter Fichten ein paar hundert Meter auf dem Andreas-Hofer-Weg gegen Westen. Mein Ziel war eine mächtige Tanne, welche ich vom Pilze sammeln mit meinem Großvater gut kannte. Von dort hatte ich einen wunderbaren Blick vom Retter Schlössl im Westen bis zur Sprungschanze im Osten. Vor mir die Alpenstadt mit der Nordkette im Hintergrund. Zu meinen Füßen schlängelte sich, gut einsehbar die Brennerstraße in zahlreichen Windungen dem Talboden zu. Damals war der Verkehr enorm. Die Autobahn war noch nicht fertig gestellt. Von der Europabrücke wuchsen die riesigen Säulen in den Himmel. In fast regelmäßigen Abständen mischten sich Autotransporter in die Fahrzeugschlange. Diese übten eine eigene Faszination auf mich aus. Es waren alles Fiat-Lastwagen mit ihren charakteristischen ovalen Kühlern. Ihre filigrane Bauweise passte irgendwie nicht zur Ladung und ließen es für mich fast unglaublich erscheinen, dass sie auf zwei Ebenen vollgestellt mit nagelneuen Pkw waren. Um keine Leerräume zu haben, wurden große und kleine Autos gemischt. Dadurch ergab sich ein buntes Bild diverser aktueller Modelle von Fiat, Lancia, Autobianchi und Alfa Romeo. Das fallweise ein Scheppern und Quietschen zu vernehmen war, beunruhigte ein wenig. Das Ziel dieser Transporte war die Zollfreizone in Solbad Hall, heute Hall in Tirol. Dort wurde entladen, verzollt und ausgeliefert. Die leeren Transporter sah ich zügig wieder gegen Süden fahren.

So ein Fahrzeug hätte ich rasend gerne als Spielzeug besessen. Es sollten Jahrzehnte ins Land gehen, bis ich genau dieses Baumuster in einem Katalog von Mercury fand. Das Modell mit den Katalog Nummern 99 und 100 in 1:43. Leider ist dieses bereits 1957 hergestellte Exemplar sehr selten und entsprechend teuer. Auf der Borsa di Milano habe ich solche Stücke dann in Natura gesehen. Die Hoffnung, einmal ein solches Fahrzeug zu besitzen, habe ich aber bis heute nicht aufgegeben.

Autotransporter als Spielzeug

Aus verkaufs-psychologischen Erwägungen war der Autotransporter ein absolutes MUSS!

War ein solcher erst einmal im Kinderzimmer angekommen, wurde das Verlangen nach immer neuer „Ladung“ zunehmend stärker. Natürlich sollten tunlichst Pkw vom gleichen Hersteller verladen werden, von dem der Transporter stammte. Dieses wurde Eltern, Großeltern, Onkel und Tante ganz bewusst und nachdrücklich klar gemacht.

Wann und wo das erste dieser Fahrzeugart als Kinderspielzeug angeboten wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Es wäre aber durchaus denkbar, dass in den USA bereits vor dem Zweiten Weltkrieg so etwas hergestellt wurde.

 

 

Wie alle anderen Spielzeugautos auch, wurden sie in verschiedenen Größen und aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Von einfachen Modellen bis hin zu sehr detaillierten Ausführungen mit Rampen und sogar einem Aufzug. Die Beschriftungen sagten auf den ersten Blick, um welche Hersteller es sich handelte. Die Ladekapazität betrug bei Sattelaufliegern zwischen 4 und 6 Modellen, bei Anhängerzügen aber meist acht Pkws.

Da von jeher neben PKW auch schwere Baumaschinen und landwirtschaftliche Geräte wie Mähdrescher, sowie Panzer transportiert wurden, zählten Tieflader ebenso wie Pannenfahrzeuge zu diesem Sammelgebiet.

Der größenmäßig Kleinste war wahrscheinlich der Schuco Piccolo Krupp von 1962. In jüngerer Zeit als Geschenkset sehr dekorativ neu aufgelegt. Natürlich für Sammler und nicht mehr für Kinder!

Wiking bot in der Größe H0 ab 1949 einen Tieflader zum Transport von Schwerfahrzeugen an. Ab 1961 gab es wahlweise einen Magirus oder Mercedes 5000 als PKW-Transporter für fünf Modelle. Diese zählten zur sog. unverglasten Baureihe. Für den Export in die USA gab es ab 1957 einen White, natürlich ebenfalls ohne Verglasung.

Ein erwähnenswertes Plastikmodell kam in den 1960er-Jahren von ROCO Salzburg in der Größe etwa 1:66. Gezogen von einem Mercedes Rundhauber war die obere Ebene absenkbar und es gab eine Rampe. Leider besitze ich das Modell nicht mehr, habe aber Fotos davon. Meines Wissens bestand die ursprüngliche Beladung aus – Schokolade! Welches Fabrikat habe ich leider vergessen. In der Regel wurde in dieser Baugröße aber Metall verarbeitet, wenigstens für die Zugmaschinen. Dazu gibt es mehrere, perfekt gelungene Modelle aus Italien. Zum einen von Penny Toys 1965 angebotenen Alfa Romeo Esadelta. Als Pendant dazu kam in der gleichen Größe 1969 von Politoys mit der Art.-Nr. 0/119 ein Esadelta mit Lancia-Zugmaschine.

Denken wir in diesem Zusammenhang einmal daran, dass alle diese ehemaligen Lastwagenhersteller heute längst unter IVECO firmieren – erinnern Sie sich noch? Ein italienisches Meisterstück war der Politoys Fiat 682T2 ab 1961. Mit Art.-Nr. 221 wurde ein Autotransporter in 1:41 angeboten. Das Modell war sehr lange am Markt, wurde aber 1970 auf 1:50 verkleinert.

Erwähnenswert sind auch die Renntransporter von Polistil aus den 1970er-Jahren. Unter der Art.-Nr. RJ101 gab es in der Größe 1:55 nach Rennstall unterschiedlich bedruckte, geschlossene Sattelschlepper mit je zwei F1-Rennwagen als Beladung.

Ein traumhaftes Modell kam von Tekno aus Dänemark. Mit einer Volvo-Zugmaschine ab 1956, passend zu PKWs in 1:43. Von 1960–1969 zog ein Scania statt dem Volvo den Auflieger. Nicht geändert hatte man die Art.-Nr. 431 für beide Baureihen. Es gab verschiedene Farbkompositionen. Interessantes Detail am Rande – die Auffahrtsrampe, für oben und unten verwendbar, musste separat gekauft werden. Sie gehörte nicht zum Lieferumfang des Transporters. Es war dies aber keine Tekno-Idee – Dinky Toys brachte 1953 einen Pullmore Car Transporter in die Geschäfte, bei dem die obere Ebene ebenfalls mit einer zusätzlich zu kaufenden Rampe beladen wurde.

Leider besitze ich von diesem Modell bis heute auch nur die Kopie eines Tekno-Kataloges aus den 1960er-Jahren.

Die französische Traditionsfirma Solido stellte neben Tiefladern auch 1974 einen gelungenen Car Carrier & Trailer auf Basis eines Saviem in 1:43 her. 1984 folgte ein ebenso gelungener Transporter in verschiedenen Farbkompositionen mit Renault-Zugmaschine. Auch Norev ließ seine 1:43er PKWs bereits ab 1958 standesgemäß befördern. Dafür wurde ein Berliet mit perfekt detailliertem Auflieger eingesetzt. Er war sehr lange, nämlich bis 1981 im Norev-Angebot zu finden. Passend zu den kleinen Modellen hatte Norev mit Art.-Nr. 525 einen Car Transporter mit Unic-Zugmaschine anzubieten.

Den Dinky Toys Pullmore Car Transporter haben wir bereits erwähnt. Ihm folgte ein wahrer Traum für alle Buben jener Zeit. 1958 kam, ebenfalls in der Größe, etwa 1:43, ein Car Transporter mit Anhänger in Rot, mit seitlichen Verkleidungen in die Läden. Der machte echt was her. In verschiedenen Lackierungen blieb dieses Baumuster bis 1965 aktuell. Zudem gab es bereits 1959 einen zweiten Autotransporter. Diesmal mit Unic-Boillot Vorspann. Noch 1969 präsentierte Dinky Toys mit dem Modell eines A.E.C. Hoynor Car Transporters ein Nachfolgemodell.

Dass bei Corgi Toys, als einen der weltweit führenden Spielzeugauto-Hersteller, Autotransporter immer schon ein Thema zur Verkaufsförderung waren, belegen die folgenden, teilweise sehr gelungenen Modelle, Corgi Car Schriftzug inklusive. Bedford Car Transporter Nr. 1101-A1 bzw. 1101-A2 ab 1957 und 1105-A1 ab 1962. Beide Modelle hatten absenkbare obere Ebenen und konnten spielerisch, echt beladen werden. Noch 1976 kam eine Mercedes Benz Zugmaschine, Art.-Nr. 2015-A1 zu diesem Zweck in die Kinderzimmer. Einen nicht gerade alltäglichen Anblick bot ein Autotransporter mit gleich drei Ebenen. Den ab 1970 unter Art.-Nr. 1146-A1 angebotenen Scammel Carrimore soll es in Wirklichkeit tatsächlich gegeben haben. Durch die tiefe Bauweise konnten beispielsweise Sportwagen mit geringer Höhe tatsächlich transportiert werden.

Ab 1966 bot Corgi Toys auf Ford Basis noch einige Ausführungen bis Mitte der 1980er-Jahre an. Es waren dies die Code 1138-A, 1159-A und 1170-A. Eine Sonderstellung nimmt sicher der Rennautotransporter, Ecurie Ecosse 1126-A ein, welcher von 1961–1965 im Angebot war. Für die kleineren Modelle von Husky und Corgi Juniors gab es natürlich in den 1960er- und 1970er-Jahren ebenfalls Transportmöglichkeiten für den Küchentisch.
Ein eigenes Kapitel zu diesem Thema hat sich Matchbox verdient. Uns allen bekannt sind einerseits die kleinen Matchboxautos der Regular Wheels 1-75 Baureihen ab 1953, diese langsam ab 1969 übergehend zu den Superfast Wheels, wie die schneller laufenden Ausführungen genannt wurden. Andererseits gab es Lastwagen, Land- und Baumaschinen in den größeren Major Packs (ab 1957), King Size (ab 1960), später Super Kings genannten Baureihen. Aber eine Ausnahme gab es, das war nämlich ein Accessoire, also ein Zubehör. Es war ein Bedford Car Transporter mit dem Code A2A. Es gab ihn zuerst in hellblau, später in rot/hellgraubraun. Da er ohne Rampen ausgeführt war, blieb es der kindlichen Fantasie überlassen, wie die Autos auf den Transporter kamen. Vier bis fünf Regular Wheels-Modelle konnten so durch das Kinderzimmer gefahren werden.

Beim Thema Matchbox möchte ich, stellvertretend für mehrere namhafte Hersteller, auch einige Schwertransporter, Tieflader für Bergbaufahrzeuge, Panzerwagen, Mähdrescher, Baumaschinen vorstellen. Auch dabei handelt es sich um Fahrzeuge im weiteren Sinn. Nur sie sind zu groß, zu schwer oder aus einem anderen Grund nicht einfach auf der Straße zu fahren, obwohl sie das könnten. Sie werden also transportiert.

Gerade Matchbox hat sich diesem Thema angenommen und in der Reihe der Regular Wheels erschien Ende der 1950er-Jahre der Rotinoff Super Atlantic Tractor mit Tiefladeanhänger (Nr. 15B und 16B). Ein ähnliches Set gab es auch größer in der King Size-Baureihe, als Prime Mover & Trailer (K8-A7).

Die Major Packs-Bezeichnung M3-A4 gehörte zu einem Thorneycraft Antar Panzertransporter, die Bezeichnung M6-A zu einem Pickfords 200 Tonnen Transporter. Es folgten mit der Nummer M6-B ein Racing Car Transporter mit hohem Spielwert, dank Ladeklappe. Mein Freund Karl hat einen solchen sehr gekonnt zu einem Ford Renntransporter umgebaut.

Einer meiner Lieblingsstücke zu dem Thema stellt der, zuerst als Major Packs M8-B, später als K-8B bis 1970 weiter produzierte Guy Warrior Car Transporter dar. Es gab ihn in zwei Grundfarben. Er passt perfekt zu den Größen um 1:65. Er ist mit fix montierten Rampen versehen. Dieses Baumuster löste ab 1969 eine DAF-Zugmaschine mit der Bezeichnung K11-B ab. Er war um eine Spur größer – mit den Superfast-Modellen mitgewachsen. Unter der Nummer K20-A gab es einen Ford Tieflader, bestückt mit drei Traktoren.

Später kamen, dem Zeitgeschmack der spielenden Kinder geschuldet, Modelle ohne konkrete Vorbilder in den Handel. Diese firmierten als Super Kings und waren baulich gewachsen.

Zum Schluss noch ein paar Sonderformen von Autotransportern. Ein Auto muss auch transportiert werden, wenn es aus irgendeinem Grund nicht mehr selbst fährt. Zwei schöne Beispiele von Tekno möchte ich dazu gerne präsentieren.

Aus aktuellem Anlass, ich bin heuer 50 Jahre ÖAMTC-Mitglied, habe ich auf zwei Abschleppwagen aktuellerer Bauart (Modelle von SIKU in 1:50), einmal mein erstes Auto (Skoda 1000MB) und einmal mein aktuelles Auto (Skoda Yeti) verladen. Danke an den ÖAMTC für ein halbes Jahrhundert Rat und Hilfe!

Ebenfalls von SIKU stammt der Autotransporter, der kleine Opel Adam zum Kunden bringt.

Nicht vorenthalten möchte ich unseren geschätzten LeserInnen ein von Karl Manschein zu Ehren von Jochen Rindt gebautes Diorama in 1:43 von Jochens letztem Sieg auf dem Hockenheimring 1970 mit einem schönen Renntransporter auf Basis Spark.

Nostalgisch ist ein von Schuco in 1:18 angebotener Opel Blitz Rennservice Transporter im Dienst von Porsche. Natürlich aus der Sammlung von Wolfgang Baliko.

Zum Schluss, der größte Autotransporter in meiner Sammlung. Ein 66 cm langes Fantasiemodell von BIG aus den 1970er-Jahren. Beladen mit zehn Ford Taunus Kombi-Modellen in 1:43.

Ganz zum Schluss – Autotransporter können alleine für sich schon ein interessantes Sammelgebiet darstellen. Überhaupt dann, wenn sie mit epochemäßig passenden Modellen beladen sind.

Dankeschön Nun möchte ich mich noch ganz herzlich bei zwei Sammlerfreunden bedanken, die mir in selbstloser Weise mit ihrem Wissen und ihren Bildern geholfen haben: Wolfgang Baliko (Dr. Schuco) und Karl Manschein (Opel-Tscharlie).


 

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