Alles neu bei der Jagd auf den goldenen Beduinen

Autor: Roland Heckl


Die 47. Ausgabe der „Dakar“ wurde zum sechsten Mal in Saudi Arabien ausgetragen. Auf 12 Etappen und fast 8000 Kilometern wurden in 14 Tagen die Sieger aus 580 Teilnehmern in neun Hauptkategorien ermittelt.

„Die Dakar“ wurde ursprünglich von 1978 bis 2007 in Paris gestartet und endete anfänglich mit dem legendären Zieleinlauf nach 10.000 Kilometern am Atlantikstrand der namensgebenden Stadt im Senegal. 2008 musste aufgrund einer Terrordrohung abgesagt werden. Von 2009 bis 2019 fuhr man aus Sicherheitsgründen in Südamerika, ehe man seit 2020 dem finanziell verlockenden Ruf der Scheichs folgte und nach Saudi-Arabien übersiedelte. Viel sicherer wurde die „Dakar“ dadurch aber auch nicht, gab es doch auch 2022 zwei Anschläge, bei denen der französische Fahrer Philippe Boutron noch vor Beginn des Rennens in seinem Auto schwer verletzt wurde. Beim zweiten Anschlag auf einen Assistenzlastwagen mit einem improvisierten Sprengsatz entstand nur Sachschaden. 2024 wurde das Fahrzeug und die Ausrüstung des brasilianischen Fahrers Rodrigo Ravela von Piraten im Roten Meer aufgebracht, so dass dieser dankbar sein musste, mit einem „Leihwagen“ eines Freundes doch noch starten zu können.

Das nach sunnitisch-muslimischen Regeln streng konservativ und autoritär geführte Gastgeberland brachte der „Dakar“ viel Kritik ein, nutzen die Saudis das Event doch zu Tourismuswerbung und Imagepolitur. Das hat Saudi-Arabien auch bitter nötig, war der regierende Herrscher Mohammed bin Salman al-Saud nicht nur als Auftraggeber des Mordes an dem kritischen Journalisten Kashoggi 2018 in die Schlagzeilen geraten.

Auch sonst gibt es in Zeiten des Klimawandels Kritik an der „Dakar“. Man bemüht sich jedoch seitens der Veranstalter dem aktiv zu begegnen. Immerhin wird zum Teil bereits synthetisch erzeugter oder biologisch gewonnener Treibstoff eingesetzt, denn die „Dakar“ will bis 2030 klimaneutral werden. So wurde der Schadstoffausstoß der Rennfahrzeuge bereits um 70% reduziert.

Die „Dakar“ bildet seit 2022 den Auftakt zur „W2RC“ Weltmeisterschaft, einer Serie aus fünf Marathonrallyes. Weitere Stationen sind Abu Dhabi, Portugal, Marokko und 2025 zum ersten Mal Südafrika. Die „South African Safari Rallye“ - nicht zu verwechseln mit der „Safari Rallye“, die in Kenia ausgetragen wird - knüpft dabei an die Tradition der „Rallye Paris-Kapstadt“, die zuletzt 1992 abgehaltenen wurde.

Die Route führte 2025 über insgesamt 7700 km, davon 5100 gezeitete Wertungskilometer. Die „Dakar“ sieht sich dabei mit dem Vorwurf konfrontiert, zu einer Materialschlacht der Werkteams auszuarten, die mit erheblichem personellen und finanziellen Aufwand versuchen, das prestigeträchtige Rennen für sich zu entscheiden. Die Organisatoren versuchen jedoch durch immer neue Finessen im Reglement dagegen zu halten und den ursprünglichen Abenteuergeist der „Dakar“ hochzuhalten.

Eine davon ist eine Marathonetappe über 48 Stunden. Dabei mussten die Fahrer am ersten Tag um Punkt 17 Uhr das nächstgelegene von sechs möglichen Biwaks anfahren, wo es lediglich improvisierte Verpflegung aus der Gulaschkanone und keinerlei Unterstützung durch Mechaniker oder Ersatzteile gab. Selbst die Handys (Satellitentelefone) wurden den Fahrern abgenommen. Hatte ein Team nun zum Beispiel die zwei standardmäßig mitgeführten Reserveräder, die mit den eingebauten hydraulischen Wagenhebern schon fast so schnell, wie in der Formel 1 zu wechseln sind, schon am ersten Tag verbraucht, begann im Biwak zwischen den Teams - ganz in der Tradition des arabischen Basars - das große Schachern um weitere Ersatzteile. Dabei soll schon mal ein Maledivenurlaub gegen ein Rad oder einen Querlenker getauscht worden sein. Es gab außer der medizinischen Notfallhilfe in dieser Nacht keine Verbindung zur Außenwelt. Geschlafen wurde in selbst aufgebauten, einfachen Wurfzelten, ehe es am frühen Morgen in den zweiten Teil der Marathonetappe ging.

Verzichtet wurde in diesem Jahr auf die „Quads“, dafür gab es sowohl bei den Autos, als auch bei den Motorrädern jeweils drei Unterkategorien, die die Profis von den Abenteurern trennten.

Erstmals wurden 2025 auf fünf Etappen getrennte Wege für die einzelnen Wertungskategorien eingeschlagen, einerseits um das Starterfeld zu entzerren und damit gefährliche Überholmanöver zu vermeiden, andererseits auch spezifischere Strecken anbieten zu können. Schließlich braucht ein LKW deutlich mehr Platz, als ein Motorrad, das auch steilere Abschnitte bewältigen kann.

Neu waren in diesem Jahr auch die Massenstarts auf der letzten Etappe, bei der dann wirklich im Gelände gegeneinander, statt „nur“ gegen die Uhr, gefahren werden konnte.

Die Autos

Nach dem Sieg im Vorjahr hatte sich Audi in diesem Jahr aus dem Wettbewerb zurückgezogen. So galt der neu entwickelte Dacia Sandrider als der favorisierte Shootingstar in den Dünen. Dacia hat sein Image als Ostblockableger von Renault längst abgeschüttelt und wird nun innerhalb der Konzernfamilie mit der Offroaderfahrung von Nissan als neuer Star der Wildnis positioniert. Dazu hatte man sich die Erfahrung des 5-maligen Dakar Siegers Nasser Al-Attiyah, des neunfachen Rallyeweltmeisters Sébastien Loeb und der Vorjahressiegerin in der T3-Klasse der leichten Prototypen, Cristina Gutierrez Herrero, im Cockpit gesichert. Gewicht und Aerodynamik waren die entscheidenden Merkmale bei der Entwicklung des von einem drei Liter Turbo V6 mit 365 PS und 539 Nm im Allradmodus vorangetriebenen Stahl-Karbon-Gefährts, das die Marokko Rallye aus dem Stand gewinnen konnte. Ein sequentielles Sechsganggetriebe bringt die Kraft auf die 37 Inch-Goodrich-Pneus, die einen satten Spielraum von 350 mm ermöglichen. Anti-Infrarot Partikel in der Lackierung reduzieren die Aufheizung des Innenraums, die antibakterielle Sitzbespannung unterstützt die Regulation der Körpertemperatur der Fahrer, eine spezielle Beschichtung der Frontscheibe sorgt für bessere Sicht. 25 Begleitfahrzeuge und 62 Teammitglieder warf Dacia in die Wüstenschlacht.

Doch auch die Konkurrenz hatte etwas Neues zu bieten: Ford brachte seinen Raptor mit Vorjahressieger „El Matador“ Carlos Sainz senior, zweifacher Rallyeweltmeister und vierfacher Dakar Champion, und Mattias Ekström, zweifacher DTM Sieger und Rallyecrossweltmeister, an den Start.

Doch entscheidend bei der „Dakar“ sind nicht nur das Hightechpaket und die Fahrkünste der prominenten Piloten, sondern auch Zuverlässigkeit, Taktik und perfekte Navigation. Und so war es wieder einmal die Traditionsmarke Toyota, die sich mit dem Lokalmatador Yazeed Al-Rajhi und seinem deutschen Beifahrer und Dakar-Urgestein Timo Gottschalk am Ende durchsetzen konnte. Der lange führende Südafrikaner Henk Lategan komplettierte, ebenfalls auf HiLux, den Doppelsieg für die Japaner.

Übrigens: auch der der jüngste Etappensieger bei der Dakar, der 19-jährige Südafrikaner Saood Variawa, war in einem Toyota unterwegs.

Bei den Autos gab es noch zwei weitere Wertungsklassen: Die leichten Prototypen T3 wurden vom argentinischen Ehepaar Nicolás Cavigliasso and Valentina Pertegarini dominiert, die seriennahen T4, Side-By-Side-Fahrzeuge, die jedermann ab Werk kaufen kann und nur leicht modifiziert sind, vom Debut des US-Amerikaners Brock Heger.

Dania Akeel, eine promovierte Historikerin und Politwissenschafterin, konnte in ihrem Heimatland mit einem mit VW Motor bestückten T3 einen Etappensieg verbuchen. Das ist insofern besonders erwähnenswert, weil es erst der vierte weibliche Sieg bei der Dakar war und dies für eine Frau aus Saudi-Arabien, wo das Autofahren für Damen erst 2018 erlaubt wurde, einen besonderen Meilenstein darstellt.

Die Motorräder

Die Pleite von KTM machte auch vor der Dakar nicht halt. So konnten die zum KTM Imperium gehörigen Marken Husqvarna und GasGas diesmal nicht dabei sein. Doch das tat dem Erfolg der österreichischen Marke aus Mattighofen insgesamt keinen Abbruch. Die neuartige Zentralrahmenkonstruktion, die eine bessere Gewichtsverteilung ermöglicht, konnte ihre Überlegenheit ausspielen und KTM legte mit dem Australier Daniel Sanders im Sattel einen ungefährdeten Start-Ziel Sieg vor dem spanischen Hondafahrer Tosha Schareina hin.

In der Rallye-2-Wertung, der zweithöchsten Motorrad-Kategorie, schaffte KTM sogar einen Doppelsieg. Besonders erfreulich, dass dabei auch ein Österreicher am Treppchen stand: der aus dem Zillertal stammende Neffe des zweifachen Motocrossweltmeisters Heinz Kinigadner (als Dakarsieger 1994 wegen eines Motortauschs disqualifiziert), Tobias Ebster. Der 27-jährige „Mini-Kini“ landete hinter dem 19-jährigen spanischen Ausnahmetalent Edgar Carnet auf dem zweiten Rang seiner Wertung und dem gesamt Neunten der Motorradwertung. Im Vorjahr war er noch als sogenannter „Kistenfahrer“, also als ein auf sich allein gestellter Privatfahrer, ohne Teamunterstützung, lediglich mit einigen Ausrüstungskisten, die vom Veranstalter vom Start zum Ziel transportiert werden, gestartet und hatte diese Kategorie sensationell gewonnen.

Die einzige weibliche Teilnehmerin bei den Motorrädern war die Spanierin Sandra Gomez immerhin Weltmeisterin im Trial und SuperEnduro, sowie mehrfache XGames-Medaillengewinnerin.

Die Lastwagen

Auch 2025 war Kamaz mit seinen russischen und weißrussischen Fahrer nicht dabei, weil sie eine Erklärung der FIA, die den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verurteilt, nicht unterzeichnen wollten (oder durften). So holten sich neuerlich unsere tschechischen Nachbarn den Sieg: Martin Macik, konnte die LKW Wertung mit seinem selbst modifizierten Iveco mit mehr als zwei Stunden Vorsprung vor dem jungen Niederländer Mitchel van den Brink für sich entscheiden.

Auch eine Dame mischte in der LKW-Wertung mit: Anja Van Loon, ebenfalls aus den Niederlanden, surfte mit den Brüdern Ben und Jan Van de Laar in ihrem Iveco erfolgreich über die Dünen. Die allradgetriebenen Wüstenschiffe wiegen etwa 10 Tonnen, sind mit Sechszylinder Turbo Diesel mit 1100 PS und etwa 13 Liter Hubraum unterwegs und erzielen Durchschnittsgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h. Sie sind damit nur unwesentlich langsamer als Motorräder und Autos.

Dakar Future Mission 1000

In dieser 2024 eingeführten Klasse - mehr Labor, als Wertung - war das Ziel, 1162 Wertungskilometer und 4811 Kilometer auf Verbindungsetappen mit alternativen Antriebssystemen zurückzulegen. Fünf Starter nahmen diese Herausforderung an und versuchten mit Elektro-, Hybrid- oder Wasserstoffantrieb möglichst 100% der Etappenlänge unter härtesten Rennbedingungen zu absolvieren. Mit dabei waren Motorräder, Autos und Trucks mit Batterie-, Brennstoffzellen- und Ethanolantrieb. Die Fahrzeuge wurden dabei je nach ihrer Leistung im Vergleich zur festgelegten Referenzzeit bewertet.

Bei den Motorrädern liegt die Herausforderung darin, einen guten Ausgleich zwischen dem Gewicht der Batterien, dem Handling der Maschine und der Reichweite zu finden. Bei den E-Bikes gibt es keine Fußbremse mehr, beide elektromagnetischen Bremsen werden am Lenker bedient und können so genauer dosiert werden. Die E-Bikes wiegen etwa 250 kg, sind wartungsarm und mit einem bürstenlosen Elektromotor mit drehender Spule ausgestattet. Hier versucht Segway, mittlerweile eine chinesische Firma, neue Maßstäbe zu setzen. In 10 Monaten haben 50 Ingenieure das Bike X1000 entwickelt. Die Batterien mit einer Kapazität von 14,5 KWH sind wassergekühlt. Der 50 KW Motor mit 85 Nm schafft eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.

Bei den Trucks konnte das spanische KH-7 Team seinen Vorjahreserfolg wiederholen und nützt in seinem MAN 6x6 ein Hybridsystem aus grünem Wasserstoff und Biokraftstoff aus hydriertem Pflanzenöl. Der Wasserstoff wird zunächst mit 350 bar gespeichert, und dann mit 8,5 bar zusammen mit dem Biosprit im Verhältnis 80:20 direkt in den Brennraum des Motors eingespritzt. 10 kg Wasserstoff reichen für eine Reichweite von 900 km. So erreicht man eine Emissionsersparnis von 85-90% gegenüber herkömmlichen Dieselfahrzeugen. Gegenüber dem Vorjahr konnte man den Verbrauch weiter reduzieren und die Leistung auf 1000 PS steigern. Für die Zukunft arbeitet man an einer selbstentwickelten, wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle um vollelektrisch ganz ohne Biosprit fahren zu können.

Das Hyse-Forschungsteam, eine Kooperation aus namhaften japanischen Marken, betrieb die zweite Entwicklungsstufe eines Side-by-Side Buggy mit einem modifizierten Kawasaki 1000 cm3 Motor, der 250 PS bei 200 Nm mit Automatikgetriebe auf den weichen Sand brachte. Hier wurde reiner Wasserstoff direkt in den Motor eingespritzt. Mit einem 7,5 kg Wasserstofftank erreichte man so eine Reichweite von 150 km.

Abseits der Wertung

Leider waren auch in diesem Jahr zahlreiche Verletzte zu beklagen. Aber immerhin gab es 2025 keinen tödlichen Unfall. Über 70 Tote in der 47-jährigen Geschichte der Dakar – mehrheitlich Zuschauer – sind eine traurige Bilanz.

Gesamt tummeln sich bei der „Dakar“ etwa 3500 Leute, bestehend aus Fahrern, Beifahrern, Mechanikern, Teammanagern, aber auch Supportcrews, medizinischem Personal und natürlich Journalisten. Zwei Biwak-Lager mit Werkstätten, Feldspital, Küche, etc. werden abwechselnd auf- und abgebaut. Der Transport dieser Unterstützungskarawane erfolgt über eine „Serviceroute“ genannte, öffentliche Straße. Es gibt 14 Hubschrauber, darunter vier für die TV-Übertragung, 89 Allradfahrzeuge, davon elf für medizinische Zwecke, 40 für den Transport auf den Verbindungsstrecken und 38 Fahrzeuge, die speziell für den Einsatz in der Wüste gebaut wurden. Außerdem sind 21 Schlafbusse und 14 Wohnmobile sowie 25 LKW, 23 für den Organisator und zwei als mobile Krankenstationen im Einsatz. Für verunglückte Teilnehmer steht ein 65-köpfiges medizinisches Team parat, davon 15 Notärzte, drei Chirurgen und zwölf Physiotherapeuten. Jedes Fahrzeug verfügt über einen Notfallknopf mit dem sofort Hilfe aus der Luft oder der Abschleppdienst angefordert werden kann. Steht ein Fahrzeug zu lange, wird automatisch eine Sprechverbindung aufgebaut und im Falle des Nichtantwortens der Hubschrauber mit den entsprechenden GPS Daten losgeschickt. Abgesehen von typischen Sturzverletzungen kommt es bei dem ständigen Auf- und Ab über die Dünen auch häufig zur Seekrankheit bei den Teilnehmern.

Sandstürme mit schlechter Sicht, aber auch Regen, der die Wüste in ein Morastfeld verwandelt, eisige Temperaturen in der Nacht und Hitze tagsüber bilden die schwierigen Rahmenbedingungen für einen herausfordernden Wettbewerb. Ab 17.30 Uhr haben alle Fahrer, die es bis dahin nicht ins Biwak geschafft haben, auch noch mit der hereinbrechenden Dunkelheit zu kämpfen. Nur bei Nebel wird nicht gefahren, weil dann nicht einmal die Hubschrauber mehr starten können. In solchen Fällen werden die Etappen dann verkürzt oder neutralisiert.

Der anfallende Müll, auch kaputte Teile und Wracks auf der Strecke, werden übrigens bereits seit 1988 nicht mehr einfach im Sand verscharrt, sondern eingesammelt und, wenn möglich, recycelt.

Die Regeln

16 Stationen der technischen Abnahme muss jedes Fahrzeug absolvieren, ehe es an den Start darf. Das digitale Roadbook wird erst 15 Minuten vor dem Start freigeschaltet. Eine Vorbereitung auf die Strecke ist dadurch nur sehr eingeschränkt möglich. Die Anweisungen für Motorräder waren in diesem Jahr erstmalig ebenfalls digital auf einem Tablet zu finden. Daneben gibt es ein zweites Tablet für die Wegpunkte, die mittels GPS und Kompass angefahren werden. Das Fahrzeug muss innerhalb eines 200 m Radius herankommen, um als „passiert“ gewertet zu werden. Das führt dazu, dass manche Fahrer versuchen, tangential abzukürzen, dadurch die 200 m Zone knapp verfehlen und deshalb glauben, sich verfahren zu haben. Andere Fahrer folgen dann diesen wirren Spuren, wodurch sich rund um die Wegpunkte ein heilloses Chaos ergibt, bei dem man viel Zeit verlieren kann.

Zu allem Überfluss gibt es auch noch versteckte, nicht im Roadbook angeführte, Wegpunkte. Nicht passierte Wegpunkte werden mit Zeitstrafen geahndet. Der präzisen Navigation kommt also mindestens eben so viel Bedeutung zu, wie fahrerischem Können und robuster Highspeedtechnik. Dabei sind naturgemäß die Motorradfahrer im Nachteil, weil sie alles alleine machen müssen.

Die neuen digitalen Roadbooks waren besonders bei den Motorradfahrern sehr fehleranfällig und fielen serienweise aus. Das führte zu einer Verzerrung der Ergebnisse, samt energischer Proteste, die die Rennleitung zu Zeitgutschriften zwang.

Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist je nach Fahrzeugklasse limitiert und beträgt bei den schnellsten Autos 170 km/h. Es gibt aber auch Abschnitte mit Geschwindigkeitsbeschränkungen, die mittels Radar kontrolliert und mit Zeitstrafen geahndet werden. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme ist ein Ton über Kopfhörer, wenn sich ein anderes Fahrzeug von hinten nähert, das sogenannte Überholsignal „Sentinel“. Die Benützung der Handys (via Satellit) ist nur außerhalb des Fahrzeugs erlaubt.

Fällt ein Fahrer wegen technischen Gebrechens aus, kann er – wenn er es schafft, sein Vehikel wieder flott zu bekommen – trotzdem, außer Konkurrenz in der sogenannten „Dakar Experience“ Trostklasse weiter mitfahren.

Technik & Taktik

Bei den Autos wird mit dem linken Fuß gebremst, der rechte Fuß bedient das Gaspedal. Während einer Etappe wird durchschnittlich etwa 6000 Mal kupplungsfrei geschaltet, die Kupplung ist nur beim Anfahren in Verwendung. Die meisten Fahrzeuge können den Reifendruck vom Cockpit aus regeln: 0,8 bar genügen im weichen Sand.

Die Motorräder haben einen zweiten Tank mit 35 l Volumen hinter dem Fahrersitz um die langen Sonderprüfungen bewältigen zu können. Die Autos verbrauchen 80-100 Liter auf 100 Kilometer und haben einen Tankinhalt von 175 l. Ohne Nachtanken geht gar nichts!

Üblicherweise starten die Etappensieger des Vortags am Folgetag als Erste, was zu erheblichen Nachteilen führt, da sie keinen Spuren folgen können und deshalb einen Mehraufwand an Navigation haben. Dies verursacht taktische Etappenergebnisse, um am nächsten Tag diesem Problem zu entgehen. Zum Ausgleich werden daher Zeitgutschriften an die ersten Starter vergeben. Solche Gutschriften gibt es auch wenn man anhält, um verunglückten Teilnehmern zu helfen. Kameradschaft und Teamgeist werden bei der „Dakar“ immer noch hoch gehalten und zählen mehr, als zu gewinnen.

Abgesehen von den neun Hauptwertungen gibt es zahlreiche Subwertungen, zB für das beste Damenteam, die besten Neulinge, die Verwendung nachhaltiger Treibstoffe, oder die bereits erwähnten Kistenfahrer. Sie fahren, navigieren und schrauben selbst und sind dabei ganz auf sich alleine gestellt. Geschlafen wird – wenn überhaupt - in Minizelten im Fahrerlager. Abenteuer pur, das so manchen an seine körperliche und mentale Grenze bringt. Sie fahren mehr gegen sich selbst, gegen die eigene Erschöpfung, als gegeneinander. Für sie ist vor allem die Ankunft das Ziel bei der „Dakar“.

Auch Behinderte können an der „Dakar“ teilnehmen, wie das Beispiel des Spaniers Isidre Esteve zeigt. Er fuhr früher in der Motorradwertung und ist seit einem schweren Sturz 2007 querschnittsgelähmt. Er steuert Bremse und Gas in seinem Toyota Hilux mittels zusätzlichen Ringen am Lenkrad, die gedrückt oder gezogen werden. Er erreichte bei seiner 20. Dakarteilnahme den 32. Rang!

Ungewöhnlich auch die 20-jährige Aliyyah Koloc von den Seychellen, die die Tortur der „Dakar“ mit dem Asperger-Syndrom bewältigte. Sie setzte die Familientradition ihres Vaters Martin fort, der in 1990er Jahren erfolgreicher LKW-Fahrer war.

Die Kosten

Die Startgebühr für Motorräder liegt bei etwa 16.000 €. Dazu kommen Servicekosten, Ersatz- und Verschleißteile und natürlich Reise- Aufenthalts- und Vorbereitungskosten. Das Gesamtbudget eines Privatfahrers beträgt um die 100.000 €. Mit dem Doppelten muss man durchschnittlich für einen Autostart rechnen. Das Rallyefahrzeug, das ohne weiteres noch einmal so viel kosten kann, ist bei dieser Kalkulation noch gar nicht berücksichtigt. Manche Fahrer verkaufen ihr ganzes Hab & Gut um einmal dabei sein zu können, andere werden als Werksfahrer eines großen Teams für die Teilnahme bezahlt.


Als Trucker kann man einen Teil der Kosten wieder hereinholen, wenn man als sogenannter „Schneller Assistenz LKW“ für die namhaften Teams unterwegs ist und Reifen, Ersatzteile, Werkzeug und natürlich einen Mechaniker an Bord hat, um bei einer Panne oder einem Unfall auf der Strecke helfen zu können.

Die Oldtimer

Nicht viel anders sind die Preise bei der Dakar Classic Wertung, die 2025 zum fünften Mal ausgetragen wurde. Damit versuchte das Organisationsteam um Rallye-Direktor David Castera und Classic-Leiter Pierre Lenfant den Spagat zwischen neuer Mobilität mit alternativen Antrieben und dem ursprünglichen Abenteuerspirit.


95 Teams (76 Autos & 19 LKW) mit 208 Teilnehmern starteten in drei Kategorien mit den Baujahren 1999-2004, 1986-1998 und vor 1986. Diese waren wiederum in vier Geschwindigkeitsklassen unterteilt, die von den Crews frei wählbar waren. In den Top Ten fanden sich schließlich hauptsächlich diejenigen, die langsame oder mittlere Zielzeiten gewählt hatten. Beachtliche 80 Teams erreichten das Ziel.

Zusätzlich gab es noch zwei Untergruppen: die “Authentic Codriver Challenge” für Fahrzeuge ohne moderne Zusatzinstrumente, die nur mit einer mechanischen Stoppuhr und einem mechanischen Tripmaster unterwegs sein durften, und die “Iconic Classic Club Classification“ für Originalfahrzeuge, die schon einmal bei einer „Dakar“ dabei waren.

Es gibt einige technische Voraussetzungen, damit ein Fahrzeug an der Dakar Classic teilnehmen darf, dazu gehören Überrollkäfig, Schalensitze mit Hosenträgergurten, zusätzliche Bremslichter, Feuerlöscher und mindestens zwei Reserveräder. Der verbaute Motor muss nicht original sein, aber ungefähr dem Baujahr entsprechen. Handschaltung ist verpflichtend. Für die Teams sind feuerfeste Rennanzüge und natürlich Helme vorgeschrieben.

7246 Kilometer, davon 4033 als Wertungsprüfung mit den Schwerpunkten Gleichmäßigkeit (vorgegebene Durchschnittsgeschwindigkeit und Idealzeit), gesonderte Dünenwegpunkte und Navigationsherausforderungen (zu erreichende Wegpunkte bei möglichst wenig gefahrenen Kilometern) waren in der Classic auf einer gesonderten Strecke zu bewältigen. Jeder Kilometer, jede Minute, die von der Vorgabe abwichen, aber auch Geschwindigkeitsüberschreitungen brachten Punkteabzüge. Täglich waren etwa 300 km an Spezialprüfungen auf unbefestigten Pisten zu absolvieren. Die Wertung erfolgt ebenso mittels Messschläuchen und Zeitkarten, wie hier zu Lande. Die generelle Höchstgeschwindigkeit ist auf 140 km/h für Autos und 120 km/h für Lkw begrenzt.

Für manche ist die Classic auch der Einsteigerbewerb für eine der Rennkategorien. Die Niederländerin Puck Klaassen startete im Vorjahr mit ihrem Vater als Beifahrer in der Classic mit einem Porsche Martiny. 2025 fuhr die 22-Jährige bereits im T3 Wettbewerb.

Dominiert wurde die Dakar Classic von französischen und spanischen Teams. Viele davon bestanden aus familiären Kombinationen. Das größte Kontingent stellte Toyota mit 18 Fahrzeugen. Neben jeepartigen gab es aber auch Fahrzeuge, die man bei einer derartigen Veranstaltung nicht erwartet hätte.

Frauen sind bei der härtesten Rallye der Welt zwar in jeder Rennklasse vertreten, aber dennoch klar in der Minderheit. Wenn die Damen aber in einer „Ente“, die noch dazu im Hippie Stil vom tschechischen Pop-Künstler Josef Rataj gestaltet wurde, antreten, ist ihnen schon vor dem Start der Titel „Sieger der Herzen“ sicher. Das Damenteam „Duckar“, bestehend aus der zweifachen tschechische Rallye-Meisterin Barbora Holická und Lucie Engová, die aus einer bekannten tschechischen Rennfahrerfamilie stammt, war schon zum zweiten Mal dabei. Der 2CV Baujahr 1979 wurde 2023 erstmals von Holická bei der Rallye Berounka Revival eingesetzt und von Mechaniker Tomáš Neruda mit zwei Motoren fit für die „Dakar“ gemacht.

Manche Fahrer wollen und können ihre Herkunft nicht verleugnen. Das italienische Team Henry Favre und Alessandro Iacovelli führten stilsicher ihre eigene Basilikumpflanze im Auto mit, um am Abend im Biwak auch das richtige Pesto für die Pasta fabrizieren zu können. Praktischerweise führten sie auch gleich ein Tagebuch auf der Motorhaube ihres Mitsubishi Pajero Baujahr 1990, den sie als Wrack gekauft und in Eigenregie selbst dakarfit geschraubt hatten. “O la va, o la spacca” (Entweder es geht, oder es geht kaputt) lautete ihr Motto.

Österreich stellte den ältesten Teilnehmer der Dakar 2025. Der 80-jährige ehemalige Nestle Chef und Formel-1 Vorsitzende Peter Brabeck-Letmathe aus Villach pilotierte ebenfalls einen Mitsubishi Pajero in roter Originallackierung von der Dakar 1999. Seine Söhne Andres und Nicolas ergänzten in einem zweiten Pajero den Kärntner Familienausflug, konnten die Rallye allerdings nach einem Unfall leider nicht beenden. Der Senior hingegen erreichte das Ziel und belegte den 32. Gesamtrang.

Bei der Classic auch dabei: der Südtiroler Josef Unterholzner mit seinem Mitsubishi Pajero. Der gelernte Mechaniker und ehemalige Landtagsabgeordnete belegte am Ende Platz 10.

Auch der zweite Südtiroler, Ernst Amort, erreichte mit seinem hinterradgetriebenen Peugeot 504 Coupé Baujahr 1977 das Ziel und einen respektablen 67. Platz.

Die Spanier Carlos Santaolalla Milla und sein 23-jährigen Beifahrer Jan Rosa I Vinas konnten 2025 ihren Vorjahreserfolg wiederholen und fuhren mit ihrem Toyota Land Cruiser HDJ 80, als Erste auf die Zielrampe. Santaolalla Milla unterstützte mit seiner Fahrt eine Organisation, die sich um Lernschwächen von Kindern, wie Legasthenie oder ADS, annimmt und sich für inklusive Bildung einsetzt. https://asociacionadai.org/desetiquetame/

Toyota bestätigte mit diesem zusätzlichen Sieg bei den Oldtimern eindrucksvoll seinen bereits jahrzehntelangen Status als „Standard der Wildnis“. Spannend bleibt es aber auch 2026, wenn Land Rover mit seinen Defendern wieder in den Wettbewerb einsteigen wird.

Die „Dakar“ eignet sich, wie keine andere Motorsportveranstaltung, neue technische Konzepte auf ihre Zuverlässigkeit zu erproben. Schön, dass trotzdem mit der Classic-Wertung der Bogen zu den Anfängen gespannt werden kann.


 

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