Ein pralles Fliegerleben
Autor: Jürgen Schelling

Deutsche Piloten-Legende Walter Eichhorn mit 88 Jahren gestorben
Im Alter von 88 Jahren ist mit Walter Eichhorn einer der wohl bekanntesten deutschen Piloten gestorben. Legendär waren seine Me109-Erstflüge nach Restaurierungen und Formationskunstflug zusammen mit seinem Sohn
Der im Mai im Alter von 88 Jahren verstorbene Walter Eichhorn lebte als Pilot fast 70 Jahre lang ein pralles Fliegerleben. Er war Flugkapitän bei Lufthansa, Fallschirmspringer mit rund 2000 Sprüngen, zusammen mit Sohn Toni Formationskunstflieger sowie weltweit geachteter Stunt- und Vorführpilot auf Messerschmitt Bf 109 in Hollywood-Blockbustern und Airshows.
Dem 1936 im niedersächsischen Jever geborenen Walter Eichhorn war es allerdings nicht in die Wiege gelegt, später einmal als einer der bekanntesten deutschen Piloten weltweite Anerkennung und Popularität zu finden. Denn niemand in der Familie hatte etwas mit Luftfahrt zu tun. Als junger Mann absolvierte er deshalb zunächst eine Lehre im Autoschlosser-Handwerk. Mitte der 1950erjahre wanderte er zunächst nach Kanada aus, arbeitete dort an Autos oder als Lkw-Fahrer und träumte von einer Pilotenkarriere, die er seit Kindertagen anstrebte. Mit dem verdienten Geld ermöglichte er sich in Kanada die ersten Flugstunden für eine Privatpilotenlizenz.
Das unglaubliche Talent wurde früh erkennbar, und so konnte sich Walter Eichhorn nach rasch erlangter Privat- und kurz darauf Berufspilotenlizenz erstes Geld als Buschpilot auf kleinen Propellerflugzeugen in Nordamerika verdienen. Sein Traum war aber damit noch nicht erfüllt. Nach Deutschland zurückgekehrt schaffte er es, bei dem strengen Auswahlverfahren der Lufthansa durchzukommen und einen der begehrten Ausbildungsplätze zum Verkehrsflugzeugführer zu bekommen.
Das klappte so gut, dass der junge Flieger schon bald auf dem Copilotensitz damaliger Propeller-Airliner der Lufthansa wie Convair CV440 Platz nehmen konnte. Seine Berufspilotenlaufbahn fand ihren Höhepunkt als Flugkapitän für Großraumflugzeuge wie Boeing 747 oder DC-10 bei der Kranich-Linie.
Neben dieser „Pflicht“ in der Fliegerei gab es aber gleichzeitig auch immer die „Kür“, und das waren alte Propellerflugzeuge, für die sein Herz zeitlebens schlug. So steuerte Eichhorn etwa zwei Jahrzehnte auch die Junkers Ju 52 D-AQUI der Lufthansa Berlin Stiftung als Captain.
Weltweit einen Ruf als Flieger-Legende erreichte er aber vor allem als Pilot des ehemaligen deutschen Propeller-Jagdflugzeugs Messerschmitt Bf 109 aus den 1940erjahren. Von diesem bis zu 700 km/h schnellen Einsitzer wurden in den 1960er und 1970erjahren mehrere Exemplare in Deutschland und Europa wieder flugtüchtig gemacht. Eichhorn übernahm etliche dieser Erstflüge nach Restaurierungen und führte unterschiedliche Me 109, auch im Auftrag der Messerschmitt-Stiftung im bayrischen Manching, auf Airshows in ganz Europa vor. Legendär sind seine Erprobungs- und Demoflüge, aber auch Notlandungen nach insgesamt vier Motorausfällen in der „109“.
Neben Airshows war Walter Eichhorn auch als Film-Stuntpilot auf der Messerschmitt 109 gefragt. Er flog die Maschine in Hollywood-Produktionen etwa für Tom Cruise in „Stauffenberg – Operation Walküre“ oder in Klassikern wie „Memphis Belle“ und etlichen anderen Kinofilmen.
Gemeinsam mit seinem Sohn Toni, ebenfalls Fliegerprofi bei Lufthansa, bot er als Vater-Sohn-Gespann „Eichhorn Airadventures“ auch viele Jahre spannenden Formations-Kunstflug mit zwei North American T-6 Propeller-Oldtimern bei Airshows in ganz Europa.
Nach seiner Pensionierung als Flugkapitän entschied er sich im Alter von 60 Jahren, einen ehemaligen Militärjet zur Teilnahme an Airshows sowie für Trainingsflüge der etwas schnelleren Art anzuschaffen. Bereits sein erster Jet war eine tschechoslowakische Aero L-29, ein bis zu 700 km/h schneller einstrahliger Oldie aus den 1960erjahren. Danach folgte eine modernere und mehr als 800 km/h schnelle Soko Galeb G-2, ein zweisitziger Militärjet aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Er war mit seiner T-6 einer der ersten Piloten, der von Red Bull gesponsort wurde. Wohl auch deshalb übergab er 2020 seine geliebte dunkelblaue T-6 an die Flying Bulls in Salzburg, die diesen Oldie flugtüchtig und in Ehren halten.
Walter Eichhorn war als Mensch sehr nahbar, er hatte einen guten Sinn für Humor und sein Reservoir an Flieger-Anekdoten war schier unerschöpflich. Wer einmal mit ihm zusammen im Cockpit fliegen durfte, erlebte einen unglaublichen Könner am Steuerknüppel, der aber darüber zeitlebens nie viel Aufhebens machte. Auf rund 60 unterschiedlichen Flugzeugtypen sammelte Eichhorn im Laufe seines Fliegerlebens mehr als 20.000 Flugstunden.
Seit 2018 war er wie auch der einige Jahre vor ihm verstorbene Flying-Bulls-Mitbegründer Sigi Angerer Mitglied der Living Legends of Aviation, einem höchst exklusiven Kreis von etwa 100 weltbekannten Ausnahme-Piloten.