Interview mit Bernd Mayländer...
Autor: Redaktion

...anlässlich seiner Teilnahme beim GRAND-PRIX der Ennstal-Classic 2025
Auf der Durchreise von Dschidda, Saudi-Arabien, nach Miami, USA, hatten wir die Gelegenheit, mit Bernd Mayländer in seiner schwäbischen Heimat über sein Engagement bei der 33. Ennstal-Classic, sein Leben als Safety-Car-Fahrer sowie seine neue Rolle als Winzer zu sprechen.
Bernd, die meisten kennen dich vor allem als Fahrer des Safety-Cars in der Formel 1. Was hat dich dazu bewegt, bei der Ennstal-Classic an den Start zu gehen?
Die Ennstal-Classic war für mich schon immer ein großer Name, insbesondere wenn es um historische Fahrzeuge geht. Bisher hatte ich noch nicht die Gelegenheit, selbst daran teilzunehmen und genau deshalb freue ich mich riesig auf meinen Besuch im Ennstal.
Als langjähriger Markenbotschafter für AMG und Mercedes bist du regelmäßig bei Events mit historischen Fahrzeugen vertreten – etwa beim Festival of Speed im britischen Goodwood oder bei der Mille Miglia in Italien. Woher rührt deine Begeisterung für klassische Automobile, gerade aus Sicht eines Motorsportlers?
Als Markenbotschafter für AMG und Mercedes durfte ich bereits an renommierten Klassik-Veranstaltungen wie Goodwood oder der Mille Miglia teilnehmen. Dort spürt man sehr deutlich, dass die Faszination für das Automobil tief in seiner Geschichte verwurzelt ist. Wer diese Leidenschaft wirklich verstehen will, muss selbst in diese Welt eintauchen – etwa bei Veranstaltungen wie der Ennstal-Classic, die innerhalb der Klassik-Szene eine bedeutende Rolle spielt.
Du hattest bereits die Gelegenheit, zahlreiche klassische Mercedes-Rennwagen der 1950er-Jahre sowie legendäre DTM-Fahrzeuge zu fahren. Welche dieser Fahrzeuge haben dich besonders fasziniert – und warum?
Besonders beeindruckend sind die wunderschönen Flügeltürer – der SL aus der frühen Geschichte, ebenso wie der Prototyp, der bei der Mille Miglia einen sensationellen zweiten Platz im Gesamtklassement erreichte und damit große Erfolge feierte. Natürlich darf auch das legendäre Stirling-Moss-Fahrzeug der Mille Miglia 1955 nicht unerwähnt bleiben. Auch das Vorkriegsmodell von Caracciola, mit dem ebenfalls ein Sieg bei der Mille Miglia errungen wurde, durfte ich selbst fahren. Die Geschichte dieser Fahrzeuge ist schlichtweg überwältigend.
Du hast einmal gesagt, dass historische Fahrzeuge für dich keine reinen Showobjekte sind, sondern lebendige Zeitzeugen, die gefahren werden sollten. Was genau meinst du damit?
Ich finde es enorm wichtig, dass historische Fahrzeuge nicht nur in Museen stehen, sondern tatsächlich auf der Straße oder zumindest bei klassischen Veranstaltungen bewegt werden. Man muss sie erleben können – sie sehen, riechen, das Öl, das Benzin – all das gehört dazu. Nur so kann man wirklich nachvollziehen, woher diese Technik kommt. Für mich sind solche Fahrzeuge lebendige Zeitzeugen. Sie vermitteln ein authentisches Gefühl dafür, wie die Technik früher funktioniert hat und was damals geleistet wurde.
Du bist zwar kein Oldtimer-Sammler im klassischen Sinne, zeigst aber große Begeisterung für die automobile Geschichte. Liegt das vor allem an der analogen Technik – oder spielen auch andere Aspekte eine Rolle?
Das stimmt – eine große Sammlung fehlt mir, dafür besitze ich zwei Oldtimer aus den 70er- und 80er-Jahren, die ich mit viel Liebe pflege und auch gelegentlich fahre. Es ist faszinierend, wie einfach diese Autos damals konstruiert waren – und trotzdem zuverlässig funktionierten. Und das tun sie heute noch! Das ist für mich etwas ganz Besonderes. Mich begeistert vor allem die Entwicklung über die Jahrzehnte hinweg. Der Verbrennungsmotor hat für mich nach wie vor seinen Reiz – besonders in Verbindung mit moderner Technik.
Ende 1999 gelang dir der Wechsel aus der FIA-GT-Meisterschaft und der Le-Mans-Serie auf den Fahrersitz des Formel-1-Safety-Cars – du tratst damit die Nachfolge von Oliver Gavin an. Wie kam es zu diesem Schritt?
Es war eher ein Zufall, dass ich damals angesprochen wurde – während eines Rennens beim Großen Preis von San Marino in Imola. Ich war zu dieser Zeit für Porsche im Rahmen des Porsche Supercup unterwegs und stand auf der Pole-Position. Plötzlich sprach mich der damalige Rennleiter, Charlie Whiting, an und fragte, ob ich nicht Lust hätte, das Safety-Car in der Formel 3000 zu fahren – was heute die Formel 2 ist. Ob ich also Zeit und Interesse hätte, das nebenbei zu übernehmen. Ich sagte Ja und hätte damals nie gedacht, dass ich 26 Jahre später immer noch im Safety-Car sitzen würde. Damals war es ja nur ein Nebenjob, aber ab 2005 habe ich mich voll und ganz auf meine Rolle als Safety-Car-Fahrer konzentrierte.
Hattest du jemals den Wunsch, selbst als Rennfahrer in der Formel 1 Fuß zu fassen?
Tatsächlich habe ich nie davon geträumt, Formel-1-Fahrer zu werden. Mein Herz schlug immer für Tourenwagen und Sportwagen – der große Traum war Le Mans. Dieser erfüllte sich 1999. 2000 folgte der Sieg auf dem Nürburgring mit Porsche, später fuhr ich in der FIA GT1 mit Mercedes. Ich durfte praktisch alle Supersportwagen dieser Zeit bewegen. Ich war immer Realist – der Motorsport war für mich ein Hobby, aus dem sich mehr entwickelte. Ich habe nie wirklich Kartrennen bestritten, war ein absoluter Quereinsteiger. Meine großen Helden waren Fahrer wie Bernd Schneider – und genau diese Idole wurden später meine Teamkollegen. Darauf kann ich mit Stolz und Zufriedenheit zurückblicken.
Im Mai wirst du 54 Jahre alt. Gibt es schon Überlegungen, dich aus der Formel 1 zurückzuziehen?
Nein, eigentlich nicht. In meinem Alter sind noch viele Fahrer und Teammitglieder aktiv im Rennsport. Gerade in meinem Aufgabenbereich spielt Erfahrung eine große Rolle – es geht darum, Situationen richtig einzuschätzen und kluge Entscheidungen zu treffen. Deshalb ist der Ruhestand momentan kein Thema für mich. Er wird irgendwann kommen, aber aktuell denke ich noch nicht daran.
Und wie kam es eigentlich zu deinem ungewöhnlichen Schritt vom Safety-Car-Fahrer zum Winzer?
Ich bin sozusagen ein „Flaschenkind“ – meine Großeltern vertrieben Coca-Cola und besaßen nebenbei auch einige Weinberge. Schon früh war es mein Traum, eines Tages einen eigenen Wein zu haben. 2018 ergab sich dann der erste entscheidende Kontaktmit Daniel Kuhnle, einen Winzer aus dem Remstal. Schnell entstand die Idee, gemeinsam einen Wein zu kreieren. Weinanbau ist ein bisschen wie beim Rennfahren: Man weiß nie, ob man lieber bei Trockenheit oder im Regen fährt – aber die Leidenschaft bleibt immer dieselbe.
Mario Andretti mit seiner Andretti Winery im kalifornischen Napa Valley, Jarno Trulli mit dem Podere Castorani in den italienischen Abruzzen – und Gerüchten zufolge plant auch Sebastian Vettel gemeinsam mit seiner Familie ein eigenes Weinprojekt. Warum also haben ausgerechnet Rennfahrer eine so starke Affinität zum Weinbau?
Viele Rennfahrer schätzen gutes Essen und ein edles Glas Wein. Auch Jarno Trulli war bereits Gast bei der Ennstal-Classic. Ich denke, dahinter steckt vor allem die Freude am Genuss. Einen Tag bei einem guten Glas Wein ausklingen zu lassen, ist einfach etwas Wunderschönes. Im Remstal/Baden-Württemberg verfügen wir über ein herrliches Weinanbaugebiet, ein großartiges Haus – und wenn man dann noch seinen eigenen Wein keltert, ist das kaum zu übertreffen. Natürlich steckt viel Arbeit dahinter, aber auch eine große Faszination – ähnlich wie beim Automobilbau. Und genau wie ein wertvolles Fahrzeug lässt sich auch ein guter Wein über viele Jahre hinweg bewahren.